Hungerstreik in Kuba: Festnahme durch Fake-Ärzte

Sicherheitskräfte beenden eine Protestaktion und nehmen 14 Aktivist:innen eines Kunstkollektivs fest. Vorwand dafür war das Coronavirus.

Ein Mann mit lockigem Haar und weißem T-Shirt

Im Hungerstreik festgenommen: Künstler Luis Manuel Otero Alcantara in Havanna, Kuba Foto: Alexandre Meneghini/reuters

BERLIN taz | Kubanische Sicherheitskräfte sind in der Nacht zum Freitag in den Sitz des Künstler*innenkollektivs Movimiento San Isidro in Havanna eingedrungen. Alle 14 anwesenden Aktivist*innen, darunter mehrere, die sich seit über einer Woche im Hungerstreik für die Freilassung des inhaftierten Rappers Denis Solís befanden, wurden festgenommen.

Nach einigen Stunden in Polizeigewahrsam wurden sie wieder freigelassen, berichtet der unabhängige Journalist Maykel González Vivero aus Havanna. Einige allerdings, darunter der Initiator des Hungerstreiks, Luis Manuel Otero, und die Künstlerin Anamely Ramos, seien noch in der Nacht erneut festgenommen worden. Otero setze seinen Hungerstreik auch in Polizeigewahrsam fort, sagte Maykel González gegenüber der taz.

Die Gruppe von Aktivist*innen hatte sich seit dem 18. November in Havannas Altstadt im Haus Luis Manuel Oteros versammelt, das gleichzeitig der Sitz des 2018 gegen die Unterdrückung künstlerischer Freiheit gegründeten Movimiento San Isidro ist.

Nach verschiedenen Versuchen, in der Stadt friedliche Protestaktionen gegen die Inhaftierung des Rappers Denis Solís abzuhalten, hatten sich mehrere Gruppenmitglieder zu einem Hungerstreik für seine Freilassung entschlossen. Zwei von ihnen begannen darüber hinaus auch einen Durststreik, gaben das Vorhaben jedoch nach fünf Tagen auf Bitten ihrer Freunde auf.

Facebook für zwei Stunden gesperrt

Der Protest von San Isidro hatte zu Solidaritätsbekundungen von Künstler*innen und Intellektuellen auf der Insel, aber auch im Ausland geführt. Kubanische Staatsmedien beeilten sich, die Gruppe in die Nähe von Terroristen zu verorten, die von den USA bezahlt gegen Kuba vorgehen würden.

Am Donnerstagabend war zunächst eine Gruppe von Personen in medizinischer Kleidung vor dem Haus aufgetaucht, die sich als Ärzte ausgaben und sagten, sie wollten den anwesenden Journalisten und Autor Carlos Manuel Álvarez untersuchen, schließlich sei der gerade aus dem Ausland eingereist und möglicherweise mit dem Coronavirus infiziert. Álvarez, Chefredakteur der unabhängigen Internetzeitschrift El Estornudo und enger Freund von Luis Manuel Otero, war aus Mexiko angereist, um seine Solidarität zu zeigen und gleichzeitig aus dem Haus zu berichten.

Als die Gruppe sich weigerte, die mutmaßlichen Ärzte einzulassen, die sich zudem nicht ausweisen wollten, wurde die Tür aufgebrochen und das Haus von Sicherheitskräften gewaltsam gestürmt. Zuvor war der Zugang zu Facebook auf Kuba für insgesamt rund zwei Stunden gesperrt worden: Mehrfach hatten die Aktivist*innen sich in den letzten Tagen mit Live-Übertragungen auf Facebook aus dem Haus zu Wort gemeldet.

Alle anwesenden 14 Personen wurden festgenommen. In kubanischen Staatsmedien wurde die Räumung unter der Überschrift vermeldet: „Gesundheitsbehörden handeln gegen die Verletzung der Gesundheitsregeln durch internationale Reisende in San Isidro“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.