Ausbau des Spreewegs: Zu zügig durch den Grünzug

Der Dialog zum Ausbau des „Spreewegs“ in Charlottenburg geht einigen Beteiligten zu schnell. Sie fürchten um den naturnahen Charakter der Strecke.

Reiher am Spreeufer

Naturidyll am Spreeufer: Für die KritikerInnen des Ausbaus soll sich hier nichts ändern Foto: imago images / Jürgen Hanel

BERLIN taz | Lange tat sich beim Ausbau des sogenannten Spreewegs zwischen Charlottenburg und Spandau wenig, daran hatte auch Corona seinen Anteil. Mittlerweile geht das Dialogverfahren mit Verbänden und Initiativen aus Naturschutz und Mobilität nun aber zügig voran – zu zügig aus der Sicht etlicher Beteiligter, die eine Befestigung des naturnahen Weges unbedingt verhindern wollen.

Es geht um den „Spree-Rad- und Wanderweg (West)“, der zwischen dem Schlosspark Charlottenburg und der Spandauer Altstadt am Ufer verläuft bzw. verlaufen soll – der westlichste Teil muss erst noch angelegt werden. Bauherrin ist die landeseigene infraVelo GmbH. Anfang des Jahres hatten fünf Initiativen und Verbände Alarm geschlagen, weil die Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr auf ihre Bedenken nicht reagierte. Sie sprachen von einer „vier Meter breiten Asphaltkeule“, die Sand, Schotter und Gras ersetzen sollte.

Zumindest die ursprünglich angedachte Breite von vier Metern ist mittlerweile offenbar vom Tisch – das sagt Antje Henning vom Berliner Netzwerk für Grünzüge. Sie ist beteiligt an den von infraVeloeinberufenen Dialoggesprächen, die seit dem Auftakt nur noch virtuell stattfinden. Die mittlerweile fünfte Runde sollte am Donnerstagabend stattfinden.

Henning ist berufstätig und engagiert sich wie andere Beteiligte nach dem Arbeitstag in Sachen Spreeweg. „Die dichte Taktung dieser Onlinetreffen ist für mich grenzwertig“, sagt sie, alle zwei Wochen mehrere Stunden am Nachmittag für die Teilnahme abzuzwacken falle ihr nicht leicht. „Es entsteht der Eindruck, die wollen das durchpeitschen. Wir Ehrenamtliche brauchen aber mehr Zeit.“

Die Sprecherin von infraVelo, Alexandra Hensel, begründet gegenüber der taz die „relativ dichte Terminabfolge“ damit, dass das Verfahren pandemiebedingt in den virtuellen Raum verlegt werden musste. Die digitalen Meetings „benötigen etwas mehr Zeit als persönliche Treffen, und wir haben deshalb mehrere kurze Termine vorgesehen, die thematisch aufeinander aufbauen“, so Hensel. „Damit die Informationen präsent bleiben, sollte zwischen den Terminen nicht zu viel Zeit verstreichen.“ Allerdings habe man bereits auf die Kritik reagiert und eine weitere in diesem Jahr noch ausstehende Veranstaltung nach hinten verschoben.

„Grünzüge für Berlin“ hatte sich von Anfang an mit den NaturFreunden Berlin, den Grünen Radlern, dem Nabu und FUSS e. V. dafür eingesetzt, dass der Weg zwar bis nach Spandau verlängert wird, auf dem bestehenden Abschnitt aber seine Eigenart behält. „Eine Wildheit und Naturnähe, die man innenstadtnah sonst kaum noch findet“, sieht Henning darin.

Die Strecke werde von Joggern und Spaziergängern genauso geschätzt wie von Radfahrern, die auch mal bereit seien, kurz abzusteigen, wenn es sandig oder eng werde. Jede Befestigung und Verbreiterung erhöhe das Tempo der Radfahrenden, sagt Henning. Für die seien aber schon Schnellwege entlang der Heerstraße, des Spandauer Damms und der Nonnendammallee in Vorbereitung.

Sowohl die Grünen Radler als auch die NaturFreunde Berlin haben sich nun mit Stellungnahmen zu Wort gemeldet, in denen sie den Ausbau ausdrücklich ablehnen. „Der Spreeweg ist kein klassischer Verkehrsweg, sondern ein Weg für die Entspannung der Menschen, auf dem sie sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewegen“, meinen Uwe Hiksch und Yannick Kiesel von den NaturFreunden. „Die Erholungsfunktion erfüllt der Weg vor allem durch seine Naturbelassenheit und seine bisherigen Unterschiede in Breite und Beschaffenheit – und durch seine ‚Unfertigkeit‘ aus Sicht städtischer Planer.“

„Anhänger brauchen Platz“

Die Position der am Dialog beteiligten Radverbände ist zum Teil anders gelagert: Während sich der ADFC eher zurückhält, freut man sich beim Netzwerk Fahrradfreundliches Charlottenburg-Wilmersdorf über die Ermöglichung zügigen Radfahrens. Und der verkehrspolitische Sprecher des BUND, Martin Schlegel, der am Dialog teilnimmt, betont, dass es sich nicht um einen Schnellweg handele. Aber, so Schlegel: „Damit hier auch Fahrradtourismus stattfinden kann, braucht es für Räder mit Anhängern oder Tandems eine adäquate Verbreiterung.“

Der Ausgang des Dialogs ist offen, und auch beim künftigen Wegbelag hat Antje Henning noch Hoffnung: „Nach Asphalt riecht es Gott sei Dank nicht mehr.“ Im Gegensatz zu manchen früheren Befürchtungen habe sich beim letzten virtuellen Treffen auch der Vorsitzende des Charlottenburger Kleingartenverbands klar gegen eine Asphaltierung ausgesprochen. Aber auch eine sogenannte „wassergebundene Decke“ – ein festgewalzter feinkörniger Belag –, wie sie nun offenbar von der Senatsverwaltung favorisiert wird, lässt schnelles Radfahren zu.

Update: Die Stellungnahme der infraVelo haben wir nach Erscheinen des Artikels ergänzt. Nicht mehr enthalten ist im Text die Aussage, die Dialoge seien eine Reaktion auf die Kritik der Initiativen. Laut infraVelo-Sprecherin Hensel ist das nicht der Fall – es handele sich vielmehr um die „bewusste Fortführung eines bereits begonnenen Dialogs“.

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