Evangelikale Sexualpädagogik: Falscher Aufklärungs-Ansatz

Teenager brauchen keine Verhütungs-Tipps, sondern Menschen, mit denen sie offen über sexuelle Bedürfnisse und Ängste sprechen können.

Ein junger mann und eine junge Frau liegen auf einem Bett und küssen sich.

Jugendliche verhüten besser als Evangelikale glauben Foto: Christophe Gateau / dpa

Was hat ein evangelikaler Verein, der Schwangerschaftsabbrüche, Homosexualität und Sex vor der Ehe ablehnt, in der schulischen Sexualpädagogik zu suchen? Genau: nichts.

Und zwar nicht, weil man den Kursleiterinnen unterstellen könnte, sie wären nicht in der Lage, wertfrei mit 14-Jährigen über diese Themen zu sprechen. Das wäre theoretisch denkbar, wenn sie gut qualifiziert wären. Das Problem liegt darin, dass der Ansatz, mit dem die christliche Elterninitiative das Thema angeht, an dem vorbei schrappt, was Jugendliche brauchen. Um Längen.

Der Verein will ungewollte Schwangerschaften verhindern: Sehr gut! Aber die entstehen nicht, weil Jugendliche so schlecht verhüten würden, wie der Verein auf seiner Homepage behauptet. Studien wie die der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zeigen, dass Jugendliche in Deutschland nicht nur sehr gut aufgeklärt sind, sondern das Wissen auch anwenden. Die Gründe für fehlgeschlagene Verhütung sind vielschichtig, wie weitere Studien zeigen.

Und die Zahl der ausgetragenen oder abgebrochen Schwangerschaften bei unter 18-Jährigen sinkt – anders als der Verein auf seiner Homepage suggeriert – seit Jahren kontinuierlich.

Daher gibt es keinen Bedarf, Jugendlichen zu erklären, wie man ein Kondom über einen Holzphallus zieht. Das kann auch die Biologielehrerin. Externe Sexualpädagog*innen sind wichtig, um Fragen der Schüler*innen zu beantworten, die über die Sachinformation hinausgehen, zum Beispiel zum Coming-out. Noch wichtiger ist eine Auseinandersetzung mit eigenen Bedürfnissen: Was will ich überhaupt, wann mache ich nur etwas mit, weil ich denke, das machen alle?

Von dieser Art externer Sexualpädagogik kann es gar nicht genug geben. Nur hängt das davon ab, dass engagierte Lehrer*innen danach fragen, und davon, dass die Anbieter von der Stadt so viel Geld bekommen, dass sie zusagen können. Das Rat-und-Tat-Zentrum kann das nicht. Daher trifft die Anfrage der FDP ungeplant ins Schwarze. Der Senat muss sich hier mehr engagieren.

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Seit 2003 bei der taz als Redakteurin. Themenschwerpunkte: Soziales, Gender, Gesundheit. M.A. Kulturwissenschaft (Univ. Bremen), MSc Women's Studies (Univ. of Bristol); Alumna Heinrich-Böll-Stiftung; Ausbildung an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin; Lehrbeauftragte an der Univ. Bremen; in Weiterbildung zur systemischen Beraterin.

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