Programm für E-Mobilität: 900 Euro pro Ladestation

In „Zahnarztalleen“ mit vielen E-Autos könnte das Stromnetz demnächst schon mal überlastet sein. Denn ab jetzt sind Wallboxen förderfähig.

Kotflügel vor Ladestation

Ladestation für E-Auto Foto: Edwin Remsber/Mauritius

FREIBURG taz | An diesem Dienstag zündet das nächste Förderprogramm für die Elektromobilität: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau bezuschusst ab sofort Ladestationen an Wohngebäuden pauschal mit 900 Euro. Damit übernimmt der Staat etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Kosten für Kauf und Installation.

Damit soll ein bislang vor sich hindümpelndes Geschäft angetrieben werden. Rund 200 Millionen Euro hat der Bund bereitgestellt, sie sollen für rund 220.000 sogenannte Wallboxen reichen.

Das Programm bezuschusst ausschließlich Ladestationen an privat genutzten Stellplätzen von Wohngebäuden, nicht aber Stationen, die öffentlich zugänglich sind. Außerdem müssen eine ganze Reihe weiterer Bedingungen erfüllt sein: Der Strom muss komplett aus erneuerbaren Energien stammen – zum Beispiel aus der eigenen Photovoltaik-Anlage oder von einem Energieversorger. Und es geht nur um Ladepunkte mit einer maximalen Leistung von 11 Kilowatt. Dass diese Grenze tatsächlich eingehalten wird, muss der Installateur gegenüber der KfW bestätigen.

Das Gerät muss zudem über eine sogenannte intelligente Steuerung verfügen. Es muss also über eine Datenverbindung kommunizieren können, damit der Ladevorgang entsprechend der Auslastung des Stromnetzes gesteuert werden kann. So werden auch neue Tarifmodelle möglich, bei denen sich der Preis der Kilowattstunde an der jeweils aktuellen Situation des Netzes orientiert. In den Nachtstunden könnte es also billiger werden als zu Stoßzeiten.

Der Gesetzentwurf: Künftig sollen bei Neubauten Ladepunkte für Elektroautos vorgeschrieben werden – so zumindest steht es in einem Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett bereits im März verabschiedet hat.

Der Stand: Ein Beschluss des Bundestages ist allerdings immer wieder verschoben worden, weil sich die Regierungsfraktionen nicht einig sind. Nun haben 6 SPD-Bundestagsabgeordnete einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge einen gemeinsamen Brandbrief an die Kolleg:innen von CDU und CSU geschrieben, um das Gesetz wieder auf die Agenda zu bringen.

Das Ziel: Ziel des Gebäude-Elektromobilitätsin­fra­struktur-Gesetzes ist es, an oder in Mehrfamilienhäusern und an Nichtwohngebäuden eine Ladeinfrastruktur zu etablieren. Deshalb soll bei Wohngebäuden „jeder Stellplatz mit der Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität ausgestattet“ werden, bei Nichtwohngebäuden jeder fünfte. Allerdings müssten nach dem Gesetzentwurf die Ladeeinrichtungen nicht sofort angebracht werden, sondern es müsste lediglich sichergestellt sein, dass diese später ohne viel Aufwand nachgerüstet werden können – etwa indem Leerrohre angelegt werden.

Was hält das Netz aus?

Eine 11-Kilowatt-Box anzuschließen ist normalerweise bisher ohne große Probleme für das Verteilernetz möglich. Es könnte aber schwieriger werden, wenn nun plötzlich viele Boxen im selben Netzabschnitt installiert werden. Das gilt auch in Mehrparteienhäusern mit vielen Ladepunkten, beispielsweise in einer Tiefgarage. Reicht das Netz nicht aus, muss es verstärkt werden – dann kann der Verteilnetzbetreiber Investitionszuschüsse vom Hauseigentümer verlangen.

Und nicht nur das Verteilnetz muss die Ladeleistung vor Ort bereitstellen können. Sind in Mehrfamilienhäusern mehrere Ladestationen geplant, ist oft gar nicht das Ortsnetz der limitierende Faktor, sondern das Kabel, das von der Hauptleitung in der Straße in das Haus hineinführt. Ein Lademanagementsystem, das Ladevorgänge und deren Leistung so steuert, dass ein zuvor festgelegter Leistungswert nicht überschritten wird, hilft, die bestehende Infrastruktur bestmöglich zu nutzen. Das ist für den Eigentümer in der Regel wirtschaftlicher, als das betreffende Kabel zu tauschen.

Auch in Einfamilienhäusern kann es kritische Punkte geben. „Vor allem in älteren Häusern sind die Hausinstallationen für eine Dauerbelastung mit so hohen Ladeströmen oft nicht ausreichend dimensioniert“, sagt Andreas Bek, Hauptgeschäftsführer des Fachverbands Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg. In so einem Fall werden Umbauten fällig. Das kann für den Hauseigentümer Zusatzkosten bedeuten, die weit höher sind als der Preis der Wallboxen.

Run auf Installateure erwartet

In den ersten Tagen, in denen die Förderung anläuft, kann es bei der Installation der Wallboxen zu Wartezeiten kommen, vermutet nun der Fachverband. Erstens müsse man davon ausgehen, dass nicht alle Modelle der Boxen sofort in der gewünschten Menge am Markt verfügbar seien, zweitens seien die Elektroinstallateure derzeit gut ausgelastet, und drittens kann es etwas dauern, bis am Standort netzseitig alle Fragen geklärt sind.

Noch ist die Lage in den Verteilnetzen zwar entspannt, aber der Druck auf die Netzbetreiber steigt mit der Zahl der Ladepunkte. Entscheidend sind dabei immer die sogenannten Gleichzeitigkeitsfaktoren. Das heißt: Wie zeitversetzt wird geladen? Um das zu klären, hat zum Beispiel die EnBW-Tochter Netze BW in der E-Mobility Allee in Ostfildern bei Stuttgart eine Situation der Zukunft in der Realität getestet – mit elf E-Autos in einer Straße an einem Stromkreis.

Denn alle wissen: Die extreme Ballung von Elektrofahrzeugen kann die lokale Infrastruktur an ihre Grenzen bringen. Für kritische Wohngebiete, in denen viele dicke Elektroschlitten stehen, hat sich bereits ein Begriff etabliert, der auch schon in offizielle Arbeitspapiere der Elektrotechniker Eingang fand: „Zahnarztallee“.

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