Coronaleugner-Schweigemarsch in Berlin: Gestörte Opferinszenierung

Ein Schweigemarsch der Coronaleugner stößt in Prenzlauer Berg auf massiven Protest. Die Gegner fühlen sich für die Zukunft bestärkt.

Coronaleugner mit Kreuz

Sie hatten ein schweres Kreuz zu tragen Foto: Christian Mang

BERLIN taz | Leise war es nicht beim „Schweigemarsch“ der Coronaleugner*innen am Sonntagmittag im Prenzlauer Berg. Nachdem die Bewegung in Berlin zuletzt nur auf wenig Widerstand gestoßen war, machten diesmal Hunderte ihren Protest hör- und sichtbar. Vom Startpunkt an der Bornholmer Straße bis zum Endkundgebungsort am Alexanderplatz machten Antifaschist*innen auf der Straße und aus ihren Fenstern Lärm, um die Inszenierung der Verschwörungsideolog*innen zu stören. Vereinzelt versuchten sie dabei auch, deren Marsch zu blockieren, was die insgesamt 600 Polizist*innen jedoch schnell unterbanden.

„Die Erzählung, dass sie zum Schweigen gebracht werden und dass sie den Willen der Mehrheit aussprechen, ist gescheitert“, sagte Björn Winter, Sprecher des Bündnisses gegen den rechten Schweigemarsch. Er sprach von einer „Opferinszenierung“, die aufgrund des Widerstands im Kiez nicht funktioniert habe. Dem maßgeblich von der North East Antifa organisierten Protest sei es darum gegangen, den Charakter der Demonstrant*innen als „ignorante, egoistische und rechtsoffene Minderheit“ herauszustellen.

Das Konzept des Schweigemarschs, der zum zweiten Mal in Berlin stattfand, liefert dabei weniger eindeutige Bilder. Ohne Transparente oder Parolen ist der Charakter der Veranstaltung nur schwer zu dechiffrieren. Die etwa 1.000 Demonstrant*innen führten lediglich Transparente mit dem Oxymoron „Schweigemarsch. Wir müssen reden“ mit sich. Geachtet wurde dabei, im Gegensatz zu anderen Veranstaltungen der Querdenken-Bewegung, auch auf Abstände und das Tragen von Mund-Nasen-Masken.

Ziel dieser auch in Kreisen von Coronaleugner*innen umstrittene Strategie sei es „keinen Abbruch zu riskieren“, erklärte einer der Organisatoren der taz. Es gehe darum, damit die Mehrheit zu erreichen, die „bislang noch nicht auf den Straßen war“, so der Brandenburger, der seinen Namen nicht nennen wollte. Ähnliche Märsche fanden am Sonntag in etwa 20 Städten bundesweit statt. In Berlin allerdings blieb die Beteiligung hinter den erhofften 5.000 Personen weit zurück.

Kein Problem mit Nazis

Mit der Beteiligung von Nazis haben die Organisatoren kein Problem: Man betreibe keine Ausschließeritis“, so der Mitorganisator. Tatsächlich beteiligten sich an dem Marsch neben einzelnen Personen in rechter Szenekleidung etwa der NPD-Politiker Uwe Meenen oder der AfD-Abgeordnete Gunnar Lindemann sowie rechte Youtuber.

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Von den Bürgersteigen schallte es immer wieder herüber: „Ihr marschiert mit Nazis und Faschisten“. Auch Transparente auf Balkonen machten deutlich, dass die Aufklärungskampagne des Gegenprotestes im Vorfeld geglückt war. „Lieber 100 Jahre Lockdown als mit Euch im ewigen Reich“, lautet eine der unzähligen Botschaften.

Winter rechnet damit, dass Coronaleugner*innen künftig vermehrt auf Gegenprotest treffen: „Das soll ein Auftakt auch für breitere Proteste in Mitte sein.“ Das Bündnis will auch die Rolle von Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp offenlegen, den Gründern der Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand und Pionieren der Anti-Corona-Proteste. „Sie haben eine der wichtigsten rechten Massenmobilisierungen nach Pegida geschaffen“, sagte er, diese Verantwortung gelte es zu thematisieren: „Wir müssen die Infrastruktur der Bewegung angehen.“

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