Cum-Ex-Affäre in Hamburg: Parlament untersucht Steuerklau

Die Hamburgische Bürgerschaft will aufklären, warum der Senat Steuerforderungen in Millionenhöhe an die Warburg-Bank hat verjähren lassen.

Ein kahlköpfiger Mann sitzt zwischen blauen Stühlen

Schweigsam: Ex-Bürgermeister und Finanzminister Olaf Scholz bei der Bundestagsdebatte zu Cum-Ex Foto: Michael Kappeler/dpa

HAMBURG taz | Die Hamburgische Bürgerschaft hat am Freitagabend einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum Steuerbetrug der Warburg-Bank eingerichtet. Auf Antrag der CDU, der Linken und der FDP soll er ermitteln, warum der Senat 2016 eine Steuerforderung von 47 Millionen Euro aus sogenannten Cum-Ex-Geschäften gegenüber der Bank verjähren ließ.

Zudem soll der Ausschuss klären, ob und inwiefern die damalige Senatsspitze zugunsten der Bank interveniert hat – in Gestalt des damaligen Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz und des Finanzsenators und heutigen Bürgermeisters Peter Tschentscher (beide SPD). Den Ausschuss-Vorsitz übernahm der SPD-Abgeordnete Matthias Petersen. Aufgrund der Coronapandemie gehören dem PUA statt 16 nur zwölf Mitglieder an. Zudem gibt es einen zwölfköpfigen Arbeitsstab, der den Abgeordneten zuarbeitet.

Bei den Cum-Ex-Geschäften wurden Aktien um den Dividendenstichtag herum schnell hin und her gehandelt, sodass verunklart wurde, wer zum Zahlungstermin die Aktie besaß. Mehrere Aktienbesitzer ließen sich vom Finanzamt die Kapitalertragssteuer für die Dividende erstatten, die allerdings insgesamt nur einmal entrichtet wurde. Eine Reihe von Finanzmarktakteuren ließ sich also Steuern erstatten, die sie nie gezahlt hatten – unterm Strich ein milliardenschwerer Griff in die Staatskasse.

Jahrelang verschlossen die Behörden Augen und Ohren gegenüber diesen, seit den 90er-Jahren laufenden Geschäften. 2013 ermittelte die erste Staatsanwältin in dieser Sache. Spätestens 2016 habe sich die Rechtsauffassung durchgesetzt, dass solche Geschäfte illegal seien, schreibt die Linke in einem Antrag für die Bürgerschaft.

Senat ließ Forderung verjähren

Trotzdem ließ die Hamburger Steuerverwaltung 2016 eine Rückforderung über 47 Millionen Euro gegenüber der Warburg-Bank in die Verjährung laufen. Bei weiteren 43 Millionen Euro verhinderte das 2017 die Bundesfinanzverwaltung. Inzwischen gibt es auch erste Gerichtsurteile zu Cum-Ex. Im Frühjahr verurteilte das Landgericht Bonn die Warburg-Bank zur Rückzahlung von 177 Millionen Euro an den Fiskus.

Umso interessanter sind die Fragen, die sich der Untersuchungsausschuss stellt. Dazu gehört der Entscheidungsablauf in der Finanzbehörde und ob der Bürgermeister oder der Finanzsenator darauf Einfluss genommen haben. Dazu gehört auch, was der damalige Bürgermeister Scholz mit Vertretern des Bankhauses Warburg in Sachen Cum-Ex besprochen hat und ob es bisher nicht bekannte Kontakte zwischen Vertretern der Bank und des Senats gab.

Wissen will der Ausschuss auch, „welchen Austausch es wann und mit welchen Inhalten und Folgen zwischen den SPD-Politikern Alfons Pawelczyk und Johannes Kahrs mit Vertretern des Bankhauses und anderer beteiligter Stellen“ gab.

Die Parteien begründen die Notwendigkeit eines Untersuchungsausschusses damit, dass „das Vertrauen in eine faire und ohne jeden Zweifel rechtskonforme Steuerverwaltung auf dem Spiel“ stehe. Zu einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses, in der die Vorgänge aufgeklärt werden sollten, war der heutige Erste Bürgermeister Tschentscher nicht erschienen. Vertreter des Senats verwiesen auf das Steuergeheimnis. Im Untersuchungsausschuss ist das Steuergeheimnis aufgehoben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.