Bürgerentscheid in Wiesbaden: Autofans stoppen Tramprojekt

Die hessische Landeshauptstadt soll keine Straßenbahn bekommen. Das Argument dagegen: Für die Tram würden Parkplätze geopfert.

EinWerbeplakat für die Straßenbahn auf einer straße

Nun kommt sie doch nicht: Werbung für die „Citybahn“ in der Wiesbadener Innenstadt Foto: Michael Schick/imago

FRANKFURT AM MAIN taz | Mit deutlicher Mehrheit haben die TeilnehmerInnen an einem Bürgerentscheid der hessischen Hauptstadt Wiesbaden das überregionale Projekt einer „Citybahn“ endgültig gestoppt. Eine 45 Kilometer lange Straßenbahnlinie sollte das linksrheinische Mainz über die Wiesbadener Innenstadt bis nach Bad Schwalbach verbinden; 90 Prozent der veranschlagten Baukosten von 426 Millionen Euro hätten Bund und Land bezahlt.

Wiesbadens Oberbürgermeister Gert Uwe Mende (SPD) hatte von einer „Jahrhundertchance“ für die Stadt gesprochen und wie die mitregierenden Parteien CDU und die Grünen für das Projekt geworben. Doch bei dem Plebiszit am Sonntag stimmten 62 Prozent gegen und nur 38 Prozent für das Projekt. Die Beteiligung war mit 45 Prozent hoch.

„Es gibt keinen Plan B“, bekannte der grüne Umwelt- und Verkehrsdezernent Andreas Kowol nach der Abstimmung. Er wird jetzt ein neues Konzept für die Luftreinhaltung entwickeln müssen. „Dieselfahrverbote sind noch nicht vom Tisch“, räumte Kowol ein.

Nicht nur die Umweltaktivisten von Fridays for Future und der Allgemeine Deutsche Fahrradclub, auch die Industrie- und Handelskammer und der Deutsche Gewerkschaftsbund hatten für die Citybahn geworben. Der Betriebsrat der Verkehrsbetriebe ESWE hatte sich stellvertretend für die BusfahrerInnen ebenfalls für die Wiederbelebung des Schienenverkehrs in der Stadt eingesetzt.

Abenteuerliche Rechnungen

Doch es gelang zwei Bürgerinitiativen, die Stimmung zu drehen. Unter dem Motto „Busse statt Citybahn!“ sammelten sie Unterschriften. Auf Flugblättern wurden abenteuerliche Rechnungen für einen umweltfreundlichen Busverkehr aufgemacht. Da wird die Umrüstung von Dieselbussen mit „Wasserstoff-Generatoren“ einer österreichischen Firma vorgeschlagen. Die koste angeblich nur wenige Hundert Euro und sorge für 30 Prozent Einsparung beim Diesel und für 87 Prozent weniger Abgase. Zauberei? Plakate an Alleebäumen im Stadtteil Biebrich verkündeten – wahrheitswidrig –, die Bäume müssten für die City-Bahn fallen. Die Contra-Aktivisten sagten „Parkplatzschwund“ und Baustellenchaos voraus.

Von einer „polarisierenden Debatte“ sprach denn auch nach der Abstimmung OB Mende und kündigte gleichwohl an, den Mehrheitsbeschluss „mit Demut“ anzunehmen. „Es tut mir leid für unsere Nachbarn, die große Erwartungen in die Citybahn gesetzt hatten“, sagte der Politiker. FDP und Freie Wähler freuten sich dagegen mit dem Contra-Bündnis. Dessen Sprecher stellte fest: „Das Ergebnis zeigt, dass die Kommunalpolitik das Ohr nicht an der Bürgerschaft hat.“

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