Wahlkampf in den USA: Parallele Welten

Die Auftritte der Kandidaten Donald Trump und Joe Biden bei Bürgerforen bringen wenig Neues. Unterschiede treten jedoch umso deutlicher hervor.

Joe Biden mit Maske vor einer blauen Wand

Joe Biden auf dem Weg zur Bürgerfragestunde am Donnerstagabend Foto: dpa

WASHINGTON taz | US-Präsident Donald Trump und sein demokratischer Herausforderer Joe Biden haben sich am Donnerstagabend in zwei parallel übertragenen TV-Bürgerforen den Fragen von Wähler*innen gestellt. Politisch hatte das Fernduell nur wenig Neues zu bieten, doch das Auftreten und Verhalten der beiden Kontrahenten hätte wohl kaum unterschiedlicher sein können.

Trump zeigte sich vor allem zu Beginn der Übertragung aggressiv und giftig. Die Frage von NBC-Moderatorin Savannah Guthrie bezüglich der Verschwörungstheorien von QAnon-Anhängern bezeichnete er herabwertend als „sehr süß“. Eine klare Antwort, wie er zu den absurden Theorien stehe, blieb er seinen Wählern schuldig.

Biden versuchte es hingegen mit Mitgefühl, Verständnis und konkreten politischen Plänen. Seine langatmigen Antworten, in denen sich der frühere US-Vizepräsident oftmals selbst um Kopf und Kragen redete, versprühten trotzdem nicht die Zuversicht, die sich viele Wähler*innen von ihm wünschen würden.

Eigentlich hätten sich Trump und Biden am Donnerstag in der zweiten Fernsehdebatte gegenüberstehen sollen. Der positive Coronavirus-Testbefund des Präsidenten vor knapp zwei Wochen sowie dessen Verweigerung an einer virtuellen Debatte teilzunehmen, verhinderten allerdings ein erneutes Aufeinandertreffen der beiden US-Spitzenkandidaten.

Sichtlich genervt

Trumps aggressives Verhalten gegenüber Guthrie war der mit weitem Abstand einprägsamste Moment des Bürgerforums in Miami. „Es geht wieder los“, sagte ein sichtlich entnervter Präsident auf die Frage zu seiner Einstellung gegenüber rechtsextremen Gruppierungen. „Immer tust du das. [...] Hörst du zu? Ich verurteile White Supremacy. Was ist die nächste Frage?“

In der ersten Debatte hatte Trump für Schlagzeilen gesorgt, als er sich weigerte, rechtsextremistische Gruppierungen eindeutig zu denunzieren. Damals erklärte er zwar, dass sich die „Proud Boys“ zurückhalten sollten. Im gleichen Atemzug sagte er jedoch, dass sie sich bereithalten sollten. „Stand back and stand by“, lautete Trumps damalige Wortwahl.

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Wie in vielen rechtsextremen Chatrooms und auf den verschiedenen sozialen Netzwerken im Nachhinein zu lesen war, feierten Mitglieder*innen und Anhänger*innen diverser Gruppierungen die Aussage des Präsidenten als eine Art Bestätigung.

Die Fragen der Wähler*innen in beiden Bürgerforen konzentrierten sich vor allem auf die anhaltende Coronakrise. Auch die wirtschaftliche Lage, die Zukunft der Krankenversicherung und das aktuelle Verfahren zur Ernennung eines/R neuen obersten Richter/in am Supreme Court fanden Erwähnung.

„Fantastische Arbeit“

Trump ist trotz seiner jüngsten persönlichen Erfahrungen mit dem Virus weiterhin davon überzeugt, dass er und seine Regierung im Kampf gegen die Pandemie eine „fantastische Arbeit“ geleistet hätten. Er erklärte außerdem, dass das Schlimmste bereits hinter den USA liegen würde. Und das, obwohl die Infektionszahlen in vielen US-Bundesstaaten aktuell wieder ansteigen und mehr als 210.000 Menschen in den Vereinigten Staaten bisher am Virus verstorben sind.

Biden kritisierte den Präsidenten erneut dafür, dass er bereits im Frühjahr über die tödlichen Gefahren des Virus Bescheid gewusst und trotzdem nichts unternommen habe, um einen großflächigen Ausbruch zu verhindern. „Amerikaner geraten nicht in Panik, aber Trump geriet in Panik“, sagte der demokratische Spitzenkandidat in Anspielung auf Trumps Aussage, dass er die US-Bevölkerung nicht unnötig habe in Panik versetzen wollen.

Der 77-jährige Biden, der sich in Philadelphia den Fragen von Wähler*innen stellte, versuchte sich klar von Trump abzugrenzen. Dazu benutzte er auch ein Zitat seines Vaters: „Jeder hat Anspruch darauf, mit Würde behandelt zu werden.“ Er erklärte, dass Gleichberechtigung eines der zentralen Themen seines politischen Lebens sei.

„Sollte ich die Wahl zum Präsidenten gewinnen, dann wirst du von mir keine rassistische Hetze hören und nichts, was uns weiter trennt. Du wirst von mir das hören, was uns zusammenbringt“, sagte Biden bei dem von ABC-Moderator George Stephanopoulos geführten Bürgerforum.

Fracking und Green New Deal

Wie schon bei der ersten desaströsen Debatte zwischen den beiden Kandidaten am 29. September wiederholte Biden seine kontroversen Positionen in Bezug auf Fracking und zum Green New Deal – ein groß angelegtes Gesetzespaket zur Abkehr von fossilen Brennstoffen. Er gab zu Protokoll, dass er die umstrittene Fracking-Methode zur Erdöl- und Erdgasgewinnung nicht verbieten werde und der Green New Deal ihm zu weit ginge.

Der Ex-Vizepräsident gab zudem keine klare Antwort auf die Frage, ob er die Anzahl der Richter am Obersten Gerichtshof erhöhen werde, sollte Amy Coney Barrett als Nachfolgerin der kürzlich verstorbenen Ruth Bader Ginsburg vom Senat bestätigt werden.

Mit den Wähler*innen ging Trump zwar weniger aggressiv um, doch blieb er ihnen in vielen Fragen eine echte Antwort schuldig. Der 74-Jährige erklärte allerdings nach langem Zögern, dass er eine Wahlniederlage akzeptierten werde. Zugleich wiederholte er seine Kritik am Briefwahlsystem, welches ihm zufolge zu Wahlmanipulation führen könne.

Auf die Frage, warum Wähler, die sich noch immer nicht für einen Kandidaten entschieden hätten, für ihn stimmen sollte, sagte Trump selbstsicher: „Weil ich großartige Arbeit geleistet habe.“

In der kommenden Woche steht das letzte TV-Duell der beiden US-Präsidentschaftskandidaten vor der Wahl an. Austragungsort ist Nashville im US-Bundesstaat Tennessee.

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Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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