Berliner Kneipenchefin über Sperrstunde: „Das ist das Schlimmste“

Das „Schwarze Café“ ist bekannt dafür, dass es immer geöffnet hat. Betreiberin Inge Trimbur darüber, was die Sperrstunde für die Kultkneipe bedeutet.

ein Bierglas steht auf einem Tresen einer Kneipe

Last Orders! Ab 23 Uhr ist ab Samstag in Berlin Schluss mit Bier und Co Foto: dpa

taz: Frau Trimbur, das Schwarze Café ist bekannt dafür, dass es rund um die Uhr geöffnet hat. Wegen der ab Samstag geltenden Sperrstunde müssen Sie künftig um 23 Uhr schließen. Was bedeutet das für Sie?

Inge Trimbur: Einen erheblichen Umsatzverlust. Durch die Sperrstunde werden wir unter der Woche locker 30 Prozent weniger einnehmen, an den Wochenenden rechnen wir mit Einbußen von mindestens 40 Prozent.

Das klingt dramatisch.

Es ist ja nicht so, dass die Gäste bis 23 Uhr im Cafe sitzen können. Nein, sie müssen um 23 Uhr draußen sein. Das heißt, dass wir nach 22.15 Uhr keine Bestellungen mehr aufnehmen können. Wer um zwanzig vor elf noch Käsespätzle essen möchte, bekommt sie nur noch zum Mitnehmen.

Was ging in Ihnen vor, als Sie von der neuen Regelung erfahren haben?

Inge Trimbur, 66, ist neben ihrem Mann Michael Dauer Mitinhaberin des Schwarzen Cafés in Charlottenburg. Die Kultkneipe nahe des Savignplatz genießt den Ruf, dass sie 24 Stunden am Tag geöffnet hat.

Ich dachte: Das ist das Schlimmste, was hätte passieren können. Wegen der Abstandsregeln haben wir ohnehin nur noch die Hälfte der Stühle und Tische im Café. Den Sommer über konnten wir das durch die Plätze im Außenbereich ganz gut auffangen. Diese fallen im Herbst und Winter aber weg. Dass wir jetzt auch noch zwischen 23 Uhr und 6 Uhr schließen müssen, ist eine Katastrophe – auch für unsere Mitarbeiter*innen.

Werden Sie Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit schicken müssen?

Ja, leider schon. Es fallen ja alle Nachtschichten weg. Wir haben mehr als 50 Angestellte, darunter viele Studierende. Da Studierende kein Anrecht auf Kurzarbeit haben, werden wir versuchen, vorrangig ihnen die Schichten zu geben. Letztlich betrifft die Sperrstunde das ganze Team. Niemand wird auf die Stunden kommen, die er oder sie normalerweise pro Woche arbeitet.

In Berlin ist der Grenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner erstmals überschritten worden. Allein am Donnerstag steckten sich 498 Menschen mit dem Virus an. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Pandemie. Haben Sie auch ein bisschen Verständnis für die neue Regelung?

Auf Grund der steigenden Infektionszahlen hat der Berliner Senat am Dienstag entschieden, dass Restaurants, Bars und Kneipen künftig zwischen 23 Uhr und 6 Uhr geschlossen sein müssen. Die neue Regelung gilt ab Samstag, 00.00 Uhr. Das bedeutet, dass Wirt*innen am Freitag um Mitternacht schließen müssen. Ab Samstagabend gilt die Sperrstunde ab 23 Uhr.

Ich verstehe, dass der Senat handeln musste, das war angesichts der hohen Zahlen abzusehen. Eine Sperrstunde ab 23 Uhr finde ich aber übertrieben. Wir haben ein Hygienekonzept, das wir strikt einhalten. Wer das Café betritt oder zur Toilette geht, muss eine Mund-Nasen-Maske tragen, die Tische stehen anderthalb Meter auseinander.

Welche Maßnahmen fordern Sie stattdessen?

Eine Sperrstunde um 1 Uhr wäre für die Gastronomie deutlich einfacher. Dann könnten immerhin noch die Leute, die aus dem Kino oder Theater kommen, eine Portion Spaghetti bei uns essen. Zwischen 23 Uhr und 1 Uhr machen wir – genauso wie alle anderen Bars und Kneipen – besonders viel Umsatz. Durch die Sperrstunde ab elf fällt nicht nur die ganze Nacht weg, sondern auch der halbe Abend. Wir können nur hoffen, dass wir das finanziell überstehen.

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