Erste Fridays-Proteste seit Corona: „Maske auf, Emissionen runter!“

Es regnete, wegen der Pandemie gab es vielerorts Beschränkungen. Dennoch gab es weltweit an 3.500 Orten Klimaaktionen von Fridays for Future.

Viele Kinder und Erwachsene mit Plakaten in einem Kanu.

Ein Boot voll wütender Kinder: Ausflug im Kanu zum Klimasstreik am Freitag in Bremen Foto: Sina Schuldt/dpa

BERLIN/KÖLN/HANNOVER/WIEN/MÜNCHEN taz | Nach monatelanger Corona-Pause sind am Freitag erstmals wieder Demonstranten der „Fridays for Future“-Bewegung weltweit auf die Straße gegangen. In Deutschland beteiligten sich Tausende Menschen am sechsten globalen Klimastreik unter dem Motto “Kein Grad weiter!“. Insgesamt gab es weltweit Aktionen in 3.500 Städten, hierzulande wurde an 400 Orten protestiert – in vielen Fällen kamen allerdings weniger Menschen als erwartet.

Die Aktivist*innen werteten die Aktion als Erfolg: In Berlin hätten 21.000, in Hamburg 16.000, in Köln 10.000 und in Stuttgart 9.000 demonstriert. “Heute haben wir mit hunderttausenden Menschen global und coronakonform für Klimagerechtigkeit gestreikt. Am Wochenende werden unsere Freund*innen von Ende Gelände Kohleinfrastrukur blockieren“, sagte Fridays-Sprecher Quang Anh Paasch.

Es war der erste Klimaaktionstag von „Fridays for Future“ mit Demonstrationen im öffentlichen Raum seit dem 29. November 2019. Bei der bislang größten Fridays-Aktion im September 2019 waren allein in Deutschland 1,4 Millionen gezählt worden.

In Köln begann der Protesttag am Mittag. Fast wie beim Rosenmontagszug wurden sie von donnernden Schlägen auf die dicke Trumm („Trommel“) begleitet, diesmal ging es aber um die Rettung des Weltklimas.

Für ein „Kölsches Klimagesetz“

Vom Rudolfplatz bis weit über den Friesenplatz hinaus versammelten sich Menschen aller Altersgruppen. Sie forderten ein „Kölsches Klimagesetz“, Bauern aus den Dörfern im Umland machten sich für eine „Vergesellschaftung der RWE“ stark, die „Parents for Future“ forderten, bis 2030 pro Jahr zehn Prozent des Haushalts der Domstadt für 100 Prozent Klimaschutz ausgeben.

In Hannover war vorab mit großen Zahlen hantiert worden: 16.000 bis 20.000 Teilnehmer waren angemeldet. Das, erklärt Pressesprecher Martin Kapp, war mehr eine Vorsichtsmaßnahme: Gut 6.000 Teilnehmer:innen zählten die Veranstalter – und waren damit zufrieden.

An acht Standorten blockierten die Aktivist:innen mit einem Sitzstreik den Cityring rund um die Innenstadt – auch um Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) daran zu erinnern, dass er im Wahlkampf versprochen hatte, Autos aus der Stadt zu verbannen.

Um den Corona-Auflagen genüge zu tun, blieb die Demo statisch: Es gab jeweils eine Musikbühne. Mit Flatterband wurde davor ein großer rechteckiger Platz markiert, Kreuze auf dem Asphalt zeigten, wo sich die Teilnehmer:innen niederlassen sollten – und auch dies nur in Kleingruppen von maximal vier Personen. Daran hielten sich die meisten, die Polizei war mehr damit beschäftigt den Verkehr rundherum im Auge zu behalten als die Demoteilnehmer:innen.

30.000 in Wien angemeldet

In Wien waren gleich 30.000 Teilnehmer*innen für die Klimademo angemeldet worden. In einem Sternmarsch ging es zur Abschlusskundgebung am Schwarzenbergplatz. Vom anhaltenden Regen ließen sich die von mehr als 80 Organisationen mobilisierten Klimabesorgten nicht abhalten. Motto der Aktion: „Maske auf, Emissionen runter!“.

100 Ordner sorgten dafür, dass auch die Abstandsregeln weitgehend eingehalten wurden. Veronika Winter von Fridays for Future erinnerte daran, dass ungeachtet der Corona-Pandemie in Kalifornien die Wälder brennen und überall die Permafrostböden auftauen. „Das erste Jahr von FFF haben wir im Sprint absolviert. Jetzt haben wir einen Marathon vor uns“, sagte die Aktivistin im Ö1 Radio. Sie forderte einen Stopp für umweltschädliche Großprojekte wie die dritte Flughafenpiste in Wien.

In München beließen es die Klimaaktivist*innen diesmal bei kleinem, feinem Protest. Die ursprünglich angemeldete und genehmigte Demo mit 1.000 Teilnehmern auf der Theresienwiese sagte FFF wieder ab. „Wir haben sehr mit uns gerungen“, meint Sprecherin Aurelia Spehr.

Aber das Risiko am Corona-Hotspot München war den OrganisatorInnen zu groß: Sie hätten nicht nur für eine coronakonforme Demo sorgen müssen, sondern wären auch für die geregelte An- und Abreise verantwortlich gewesen.

Unter der Bavaria

Aber 500 DemonstrantInnen, die sich vorher im Internet angemeldet hatten, sind dann doch auf die Theresienwiese gekommen, wo die Leute jetzt eigentlich auf dem Oktoberfest dicht an dicht im Bierzelt feiern würden. „Die Klimakrise wird immer brutaler und macht keine Pause“, sagt die 20-jährige Antonia Messerschmitt.

Auf dem riesigen Platz versammeln sie sich unterhalb der großen Bavaria-Statue, der bayerischen Patronin. Alle tragen Masken, die Abstände werden eingehalten, nur ein einziger Polizeiwagen steht vor Ort. Alles äußerst friedlich. Drei junge Frauen halten ein Transparent: „Burn the Patriarchy – not the Earth“.

Das Wetter ist den Münchner Fridays-Leuten aber überhaupt nicht wohl gesonnen. Meteorologen sprechen von „ergiebigem Dauerregen“, es ist windig, das Thermometer zeigt sechs Grad.

Viele haben orangenfarbene Regenschirme aufgespannt, auf denen steht: „Generationenrettungsschirm“. Manche haben sich Gummistiefel angezogen. Mit rot-weißem Absperrband ist am Boden ein Schriftzug ausgelegt. Die Menschen verteilen sich gleichmäßig auf den Bändern. Von einer Feuerleiter weit oben wird dann der aus DemonstrantInnen gebildete Slogan fotografiert: „Kein Grad mehr“.

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