Wirecard-Skandal in der Europäischen Union: „Die Zukunft der Finanzen ist digital“

Der Wirecard-Skandal beschäftigt jetzt auch die Europäische Union. Ihr Appetit auf digitales Bezahlen ist aber weiterhin groß.

Hände mit Handschuhen an einem Kartenlesegerät

Während Corona noch populärer geworden: bargeldloses Bezahlen mit Bankkarte Foto: Georg Wenzel/dpa

BRÜSSEL taz | Der Skandal um den insolventen deutschen Finanzdienstleister Wirecard ruft nun auch die EU-Kommission auf den Plan. Der stellvertretende Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis kündigte eine verschärfte Aufsicht an. Auch eine zentrale Überwachung durch die EU sei möglich, sagte der Lette am Donnerstag in Brüssel.

Der Skandal zeige, „dass es Raum für Verbesserungen bei den Regeln und ihrer Anwendung gibt“, sagte Dombrovskis. Die EU-Kommission will prüfen, wie gut oder schlecht die Aufsicht in den 27 Mitgliedstaaten funktioniert. Ende 2021 will die Behörde dann handeln. Eine mögliche Option sei, eine direkte Überwachung durch EU-Aufsichtsbehörden einzuführen.

Die deutschen Behörden hatten bei Wirecard versagt und schieben sich nun gegenseitig die Verantwortung zu. Wegen mangelnder Kontrolle gingen fast 2 Milliarden Euro verloren. Nun soll ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt werden; sogar Bundesfinanzminister Olaf Scholz könnte in Bedrängnis kommen.

Der deutsche Skandal hat der EU jedoch nicht den Appetit auf den elektronischen Zahlungsverkehr und die sogenannte Fintech – also Firmen wie Wirecard – verdorben. „Die Zukunft der Finanzen ist digital“, erklärte Dombrovskis. Die EU-Kommission brachte ein umfangreiches Reformpaket auf den Weg, das Europa den Anschluss sichern soll.

Einfach und sicher

So will die Brüsseler Behörde das Angebot von bargeldlosen Bezahlsystemen vereinheitlichen. Damit würde es für Verbraucher künftig „einfacher, in Geschäften zu bezahlen und Onlinegeschäfte sicher und bequem abzuwickeln“. Die Kommission will sich auch für grenzüberschreitende Zahlungsdienste einsetzen.

Mit Hilfe von Echtzeitüberweisungen könnten Zahlungen „innerhalb von Sekunden“ ausgeführt werden, heißt es in einem Strategiepapier der EU-Behörde. Allerdings sei der europäische Binnenmarkt in dieser Hinsicht noch sehr zersplittert. Dombrovskis will das ändern und auch die umstrittenen virtuellen Währungen fördern.

Zugleich bemühte er sich, die vor allem in Deutschland verbreitete Angst vor einer Abschaffung des Bargelds zu zerstreuen. Bargeld solle „sowohl zugänglich als auch allgemein akzeptiert bleiben“, betont die Brüsseler Behörde. Allerdings setzen viele Zahlungsdienstleister und Kreditkarten-Anbieter auf eine Abschaffung von Cash.

Auch die Coronakrise hat dazu beigetragen, Barzahlungen einzuschränken. Aus Angst vor möglichen Infektionen akzeptieren viele Supermärkte und Restaurants nur noch bargeldlose Bezahlung. Dass die EU nun digitale Zahlungen erleichtern und fördern will, könnte die Angst vor einem Ende des Bargelds weiter anheizen.

„Bei aller Euphorie über die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs muss klar sein, dass das Bargeld nicht unter die Räder kommen darf“, warnt der CSU-Europaabgeordnete und Finanzexperte Markus Ferber. Es sei „mehr als erfreulich“, dass sich die EU-Kommission endlich zum Bargeld bekenne. Nun müssten aber auch Taten folgen.

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