Die Papageien von Lincolnshire: Wenn Vögel pöbeln

Fünf Graupapageien störten den öffentlichen Frieden in einem britischen Wildpark. Sie beleidigten die Besucher mit derben Sprüchen.

Ein Graupapagei sitzt auf einem Ast

Fluchender Graupapagei in Lincolnshire Foto: Steve Nichols/LincolnshireWildlife Park/ap

„Verpiss dich, du Fucking Bastard!“ – vielleicht nicht ganz die Begrüßung, die man beim Zoobesuch erwartet. Entsprechend konsterniert reagierten Besucher des Lincolnshire Wildlife Park in England, zumal sie den Verbalaggressor nicht einmal ausmachen konnten. Es folgte lautes Lachen aus vier heiseren Kehlen.

Billy, Tyson, Elsie, Jade und Eric heißen die Pöbler – und sind Graupapageien, sprachlich hochbegabte Vögel aus Afrika. Umgangssprache ist eben immer auch eine Frage des Umgangs, den man pflegt, und so lernten sie, was in ihrem Umfeld geplappert wird. Offenbar schimpft man gern im Nordosten Englands. Die Tiere kamen unabhängig voneinander von privaten Vorbesitzern in den Zoo, der auch als Auffangstation für nicht mehr gewollte Heimtiere dient. In der gemeinsamen Quarantäne stachelten sie sich gegenseitig an.

Während Donald Trump und Boris Johnson Beleidigungen zur Staatsräson erheben, sollen ein paar ehrliche Schimpfwörter und kathartisches Lachen ein Erziehungsproblem sein?

Schließlich zogen fünf Graupapageien, die fluchten wie die Rohrspatzen, in eine Voliere im Park, wo sie anfingen, die Besucher zu beschimpfen und sich scheckig darüber zu lachen. Die wiederum spornten die Vögel mit weiteren Flüchen an, und so hätte alles ein wunderbares Märchen im Gassenjargon werden können mit gemeinsam wild fluchenden und lachenden Menschen und Vögeln – wenn so viel Heiterkeit nicht auch den Briten unheimlich wäre. Als sich Kindergruppen anmeldeten, verzichtete man auf Parental Advisory: Explicit Lyrics, trennte die Papageien-Gang und verteilte sie auf Volieren mit braven Vögelchen, auf dass sie von ihnen zarte Liedchen und flüsternde Komplimente lernen mögen.

Schade. In einer Welt, in der Leute wie Donald Trump und Boris Johnson Beleidigungen und Dauergepöbel zur Staatsräson erheben, um andere runterzumachen und zu diskriminieren, sollen ein paar ehrliche Schimpfwörter mit anschließendem kathartischen Lachen ein Erziehungsproblem sein?

Fuck off!

Aber vielleicht sind die anderen Vögel ja auch gar nicht solche Anstandspiepmätze, sondern ergreifen die Gelegenheit zur Selbstermächtigung und lernen von den Neuankömmlingen. Die Zooleitung hegt offenbar bereits solche Befürchtungen: Es sei natürlich möglich, dass sie am Ende dann 250 fluchende Papageien hätten. Die die Menschen dann ausschimpfen und auslachen könnten. Noch ist England also nicht verloren.

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Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).

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