Datenleak zu Geldwäsche: Banken verhindern Aufklärung

Ein Rechercheverbund stieß in US-Unterlagen auf massive Versäumnisse von Großbanken beim Kampf gegen Geldwäsche. Im Visier ist auch die Deutsche Bank.

Eine US-Dollarschein liegt in einem Wasserglas

Geldwäsche: Banken haben zu wenig Interesse an Aufklärung, zeigt ein Datenleak Foto: dpa

MÜNCHEN afp | Geheime Unterlagen des US-Finanzministeriums enthüllen nach einer weltweiten Recherche zahlreicher Medien-Partner erhebliche Versäumnisse internationaler Großbanken wie der Deutschen Bank bei der Bekämpfung der Geldwäsche. Aus den US-Dokumenten gehe hervor, dass Banken aus aller Welt über Jahre hinweg Geschäfte mit hochriskanten Kunden abgewickelt hätten, berichteten „Süddeutsche Zeitung“, WDR und NDR am Sonntagabend von ihren sogenannten FinCEN-Files-Recherchen.

Trotz strenger Regularien akzeptierten die Geldhäuser mutmaßliche Mafiosi, Millionenbetrüger und sanktionierte Oligarchen als Kunden und führten für diese Überweisungen in Milliardenhöhe aus. Gemeldet worden seien diese Vorgänge mitunter nur sehr zögerlich und zum Teil mit jahrelanger Verspätung.

Einige der weltgrößten Geldhäuser, darunter die Deutsche Bank, JP Morgan und die HSBC, hätten sogar dann noch Geschäfte mit zweifelhaften Kunden gemacht, nachdem sie in den USA bereits wegen Geldwäsche-Verstößen sanktioniert worden waren. In zahlreichen Fällen unterliefen Banken dem Bericht zufolge dabei offenbar ihre eigenen Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche, etwa bei der Überprüfung von Neukunden.

Das Datenleak bringe auch die Deutsche Bank in Erklärungsnot, hieß es weiter. Nach Einschätzung von US-Ermittlern sollen demnach russische Kriminelle und ein für Terrorgruppen tätiger Geldwäscher unter anderem über die Moskauer Filiale der Deutschen Bank Geld gewaschen haben.

Recherche von 110 Medien aus 88 Ländern

Das Finanzinstitut erklärte, die „SZ“ und ihre Recherchepartner hätten „über eine Reihe historischer Themen“ berichtet, die, soweit sie die DeutscheBank beträfen, den Aufsichtsbehörden bereits bekannt seien. Die Deutsche Bank und andere Bankhäuser hätten anerkanntermaßen bereits mit „Mängelbeseitigung“ reagiert. „Wo nötig und angemessen, haben wir Konsequenzen gezogen“, hieß es in der Stellungnahme weiter.

Die Informationen sind das Ergebnis einer gemeinsamen Recherche zahlreicher Medien-Partner, die unter dem Namen FinCEN-Files veröffentlicht wird und die auf tausenden Seiten geheimer Geldwäsche-Verdachtsmeldungen beruht. Das US-Onlinemedium „Buzzfeed News“ hatte den Angaben zufolge die Unterlagen mit dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) geteilt und so eine weltweite Recherche von 110 Medien aus 88 Ländern ermöglicht. Etwa 400 Journalistinnen und Journalisten haben sich daran beteiligt.

„Süddeutsche Zeitung“, WDR und NDR fanden nach eigenen Angaben bei ihren Recherchen zu den FinCEN-Files heraus, dass Geldwäscher die globale Infrastruktur der Deutschen Bank über einen längeren Zeitraum und in größerem Umfang nutzten als bisher angenommen. Die Zeitung leitete aus den US-Unterlagen außerdem ab, dass die Sicherheitssysteme in Deutschlands größtem Bankhaus offenbar versagt hätten.

Vorwürfe gegen Deutsche Bank-Chef Sewing

In dem Bericht hieß es weiter, der heutige Vorstandschef der Deutschen Bank, Christian Sewing, sei „mitverantwortlich dafür, dass nicht früher bemerkt wurde, wie Geldwäscher die Bank für verdächtige Aktiengeschäfte nutzen konnten“. Die von ihm damals geleitete Abteilung Konzernrevision habe 2014 die Abläufe im auffälligen Aktienhandel in Russland untersucht und nichts Gravierendes zu beanstanden gehabt. Von der Bank eigens beauftragte Experten hätten der Arbeit von Sewings Abteilung später jedoch „schwerwiegende Mängel“ bescheinigt.

Die Deutsche Bank bestritt gegenüber „SZ“, WDR und NDR eine direkte oder indirekte Beteiligung ihres heutigen Vorstandschefs an der Prüfung der Moskau-Geschäfte. Sewing habe lediglich den Gesamtplan für mehrere hundert Prüfungen – sogenannte Audits – des Jahres 2014 eingereicht, hieß es demnach aus dem Bankhaus.

Außer bei der Deutschen Bank hätten die internationalen Recherchen auch Versäumnisse bei zahlreichen anderen Großbanken ergeben, schreibt die „SZ“. Die US-Unterlagen zeigten, wie bekannte Finanzinstitute in Geldwäsche verwickelt gewesen seien und kriminelle Netzwerke bisweilen unbehelligt hätten operieren lassen.

Die Deutsche Bank erklärte am Sonntagabend, weltweit hätten führende Finanzinstitute „Milliarden von Dollar investiert“, um die Behörden im Kampf gegen Geldwäsche „effektiver zu unterstützen“. Dies führe „natürlich zu einer höheren Zahl von Feststellungen“ solcher Fälle. Das Geldhaus versicherte weiter, es habe „massiv in die Verbesserung der Kontrollen investiert“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.