Verhandlungen mit Pharmakonzernen: EU ringt um Covid-Impfung

Wer haftet bei Nebenwirkungen, was kostet das alles? Die EU-Kommission will Corona-Impfstoffe zentral beschaffen, doch die Verhandlungen stocken.

Person mit lila Handschuhen hält Spritze

Bevor es piekst, muss erst mal ein Impfstoff her Foto: Christoph Schmidt/dpa

BRÜSSEL/MAILAND rtr/taz | Die Verhandlungen der EU-Kommission mit diversen Pharma-Unternehmen über die Versorgung mit Corona-Impfstoffen gestalten sich Insidern zufolge schwierig. Es hake noch bei einigen Themen, etwa dem Preis, Zahlungsmodalitäten oder Haftungskosten, erläuterten drei in die Verhandlungen involvierte Vertreter der EU-Behörde gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die EU spricht mit mindestens sechs Impfstoff-Herstellern darüber, unter welchen Bedingungen sich der Staatenbund vorab Dosen von Impfstoffen sichern kann, wenn diese zugelassen sind. Dazu zählen die Pharmakonzerne Pfizer, Sanofi, Johnson & Johnson, aber auch Biotech-Firmen wie Moderna und CureVac.

Trotz des Zeitdrucks im Rennen um die erfolgversprechendsten Impfstoffe gegen das Coronavirus schaffe es die EU nicht, diese Vereinbarungen schnell zu schließen, hieß es bei den mit den Gesprächen vertrauten Personen. Die USA haben inzwischen schon zwei Lieferverträge unterschrieben – mit dem US-Konzern Pfizer und der britischen AstraZeneca. Mit Letzterer haben die vier EU-Länder Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande im Juni einen Vertrag über bis zu 400 Millionen Dosen Impfstoff unterzeichnet, der nun auf den gesamten Staatenbund ausgeweitet werden soll.

Es gebe einige Hürden, beschrieb ein EU-Vertreter die Schwierigkeiten in den Verhandlungen mit den Firmen. So verlange die französische Sanofi für 300 Millionen Dosen ihres noch in der Entwicklung befindlichen Impfstoffs eine Vorauszahlung. Die EU wolle dagegen in mehreren Tranchen zahlen und bestimmte Summen erst, wenn das Mittel in großen Forschungsstudien am Menschen getestet wurde. Ein Sprecher der EU-Kommission lehnte einen Kommentar ab, ebenso Sanofi.

Von den USA verhandelter Impfstoff zu teuer

Die Verhandlungen mit Johnson & Johnson seien schon weit fortgeschritten, aber es gebe ein Hin- und Her darüber, wer die Haftung übernehme, wenn die Impfung unerwartete Nebenwirkungen auslöse, berichteten zwei der Insider. Auch Johnson & Johnson wollte keine Stellung nehmen. Am kompliziertesten sind aber offenbar die Gespräche mit Pfizer, die einen Impfstoff zusammen mit der Mainzer Firma BioNTech entwickelt. Die EU verhandelt mit den beiden Firmen über insgesamt 500 Millionen Dosen. Einem der Insider zufolge wollen Pfizer und BioNTech, dass die EU diese erst bezahlen, wenn der Impfstoff zugelassen ist. Das eliminiere zwar das Risiko, falls das Mittel in den klinischen Tests floppe. Die EU befürchte aber, dass der Preis für die Dosen im Falle der Zulassung drastisch steige.

So bezahlen die USA ihrem Deal mit Pfizer zufolge fast 2 Milliarden Dollar für 100 Millionen Dosen – aber erst, wenn das Mittel zugelassen ist. Die fast 20 Dollar pro Dosis hielten die EU-Verhändler für zu hoch, erläutert einer der Vertreter. In dem von den vier EU-Ländern ausgehandelten Vertrag mit AstraZeneca liegt der Preis pro Dosis bei nur 2,50 Euro. Pfizer und BioNTech lehnten einen Kommentar ab.

Laut WHO werden 23 potenzielle Impfstoffe bereits an Menschen getestet, fünf davon inzwischen in groß angelegten Studien mit tausenden Probanden. Diese sogenannte Phase III ist das letzte Stadium der klinischen Entwicklung eines jeden Medikaments, bevor bei den Behörden ein Antrag auf Zulassung gestellt werden kann. Wie gut die Impfstoffe gegen das Virus schützen, dazu ist bisher allerdings wenig bekannt. Virologen machen darauf aufmerksam, dass einzelne Impfstoffe möglicherweise nur begrenzt wirksam sind, es jährlicher Neuentwicklungen oder einer Kombination mehrerer Impfstoffe bedarf.

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