Sieg über Polio in Afrika: Impfkampagnen zahlen sich aus

Die WHO erklärt die Kinderlähmung in Afrika für überwunden. Das darf den Blick auf die mangelhaften Gesundheitssysteme nicht verstellen.

Eine Krankenschwester zeiht eine Impfspritze auf.

Erfolgreich gegen Polio: Impfkampagne von World Vision in Kenia 2012 Foto: imago

Die Freude ist in vielen afrikanischen Ländern zu Recht groß. Nach mehreren Rückschlägen gilt der Kontinent nach Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO seit Dienstag als frei von Polio. Das zeigt, dass die zahlreichen Impfkampagnen und die – oftmals gerne verpönte – Lobbyarbeit erfolgreich waren und bezüglich anderer Krankheiten fortgeführt werden müssen.

Das ist umso wichtiger, da die Gesundheitssysteme in zahlreichen Ländern äußerst schwach bleiben. Es mangelt an Krankenhäusern und Gesundheitsstationen. Gut ausgebildete Ärz­t*in­nen und Pflegepersonal, die es durchaus gibt, praktizieren aufgrund von sehr viel besseren Arbeitsbedingungen lieber in den USA oder Europa.

Besonders betroffen sind ländliche Regionen, wo der Weg zum nächsten Arzt mitunter viele Stunden dauert, wo es kaum Strom gibt und Medikamente und Ausrüstung fehlen. Doch nicht nur das: Der Zugang zum Gesundheitssystem ist eine Geldfrage. Krankenversicherungen sind weiterhin die Ausnahme. Damit werden theoretisch gut behandelbare Krankheiten schnell lebensbedrohlich. Das ist umso dramatischer, wenn ausgerechnet derjenige ausfällt, der das Haupteinkommen erwirtschaftet.

Was bei Polio, aber auch bei Lepra dazukommt, sind die sozialen Folgen. Die Krankheiten hinterlassen sichtbare Spuren. Das sorgt noch immer dafür, dass Menschen aus ihren Dörfern und von ihren Familien verstoßen werden. Doch auch wenn das nicht passiert, mangelt es an Behindertengerechtigkeit. Überall sind Stufen, Aufzüge – wenn es sie überhaupt gibt – funktionieren nicht zuverlässig. Minibusse und Mopeds, die vielerorts den öffentlichen Nahverkehr dominieren, stellen oft unüberwindbare Hürden dar.

Deswegen gilt nach der Freude über das Ende von Polio: Es ist erst der Anfang. Der Erfolg sollte dazu motivieren, mehr und vor allem nachhaltiger in die Gesundheitssysteme zu investieren und eine generell bessere Versorgung – etwa beim Zugang zu Trinkwasser – zu schaffen. Nur so lassen sich weitere Krankheiten zumindest eindämmen.

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Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.

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