Staatsdefizit durch Corona-Krise: So klein kann Minus sein

Das Haushaltsloch ist kleiner als befürchtet. Das ist ein Erfolg der Corona-Politik der Groko: Sie hat nicht gespart, sondern Krisenopfer gestützt.

Bundeskanzlerin Merkel zeigt aufd Finanzminister Scholz.

Haben in der Krise so manches richtig gemacht: Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Scholz Foto: John Macdougall/afp/dpa

Es sind erstaunliche Zahlen: Im ersten Halbjahr betrug das Defizit des deutschen Staates 51,6 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Dies entspricht 3,2 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Coronakrise hat also ein tiefes Loch gerissen – und trotzdem ist dies ein enormer Erfolg. Denn es war nicht damit zu rechnen, dass das Minus so klein bleiben würde, schließlich befand sich die Wirtschaft wochenlang im Lockdown. Die neuesten Daten zeigen, dass die Bundesregierung ökonomisch alles richtig gemacht hat.

Das Entscheidende: Die Regierung in Berlin hat nicht gespart. Stattdessen gab es Rettungsprogramme und Konjunkturpakete. Jedes Krisenopfer wurde unterstützt, ob durch Kurzarbeitergeld, Zuschüsse oder Hilfskredite. Diese Ausgaben haben sich gelohnt. Die Wirtschaft ist nicht in den Abgrund getaumelt, sondern hat sich stabilisiert. Letztlich finanzieren sich die Hilfsmaßnahmen also selbst.

Diese Erkenntnis ist nicht völlig neu. In der Finanzkrise ab 2008 hatte die Bundesregierung auf das gleiche Rezept gesetzt – ebenfalls mit durchschlagendem Erfolg. Trotzdem gab es damals einen wesentlichen Unterschied zu heute: Deutschland interessierte sich nur für sich selbst. Es war zwar selbstverständlich, dass die deutsche Wirtschaft durch staatliche Kredite massiv unterstützt wurde. Aber andere Euroländer wie Griechenland, Portugal oder Italien sollten eisern sparen. Also endete die Eurokrise gar nicht wieder.

Diesmal hingegen ist die deutsche Politik bereit, ihr Erfolgsrezept auf die gesamte EU anzuwenden: In Brüssel wird gerade über ein Kreditprogramm von 750 Milliarden Euro verhandelt. Diese erfreuliche Wendung hat allerdings nicht nur mit höherer Weisheit zu tun, sondern auch mit der Macht des Faktischen.

Den Deutschen bleibt nur noch Europa als garantiert sicherer Markt. Großbritannien versenkt sich gerade im Brexit; China und die USA verstricken sich in einen Handelsstreit. Da erscheinen die Nachbarn plötzlich wieder attraktiv. Zum Glück.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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