Studie zu unrentablen Klein-Airports: Die Zombie-Flughäfen

Die Coronakrise treibt die Subventionen für kleine lokale Flughäfen hoch. Eine Studie kritisiert Nachteile für Steuerzahler*innen und fürs Klima.

Ein Flugzeug auf dem Flughafen Kassel-Calden

Noch ein Bindestrich-Flughafen: Kassel-Calden Foto: Hartenfelser/imago

BERLIN taz | Die 14 regionalen Flughäfen in Deutschland gelten schon lange als unrentabel. Im Verlauf der Klima- und Coronakrise steht ihre Existenzberechtigung nun immer mehr infrage. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) fordert in einer neuen Studie nun die sofortige Schließung von sieben Flughäfen.

Diese trügen weder zur Verkehrsanbindung ihrer Region nennenswert bei noch würden sie jemals Gewinn machen. „Diese Zombie-Flughäfen zeigen auf, dass das System nicht wirtschaftlich ist“, sagt Verkehrsökonom Matthias Runkel vom FÖS. Die Gemeinden halten sie durch Zuschüsse am Leben.

Das FÖS hat 14 deutsche Provinzflughäfen anhand deren eigener Jahresbilanz und Kriterien der internationalen Luftfahrtbranche untersucht. Die Experten haben vor allem darauf geachtet, ob die Airports nur aufgrund von Subventionen lebensfähig sind, ob sie den Bürgern der Region eine bessere Anbindung an die weite Welt verschaffen und wie klimaschädlich der dort anfallende Verkehr ist.

Wer in allen drei Kategorien schlecht abschneidet, habe keine Zukunftsperspektive, sagt Runkel. Konkret sind das die Flughäfen Frankfurt-Hahn, Kassel-Calden, Niederrhein-Weeze, Paderborn-Lippstadt, Rostock-Laage, Erfurt-Weimar und Saarbrücken.

Aus ökologischer Sicht Irrweg

Die Bindestrich-Flughäfen sind schon länger in der Kritik. Die Bürgermeister haben zwar großes Interesse an ihrem Erhalt. Sie hoffen, dadurch Arbeitsplätze zu retten. Zum Teil geht es ihnen auch ums Prestige. Meist starten und landen hier jedoch vor allem Billigflieger in Richtung von Urlaubszielen – und die mögen kaum Gebühren zahlen. Der Aufbruch in den Urlaub ließe sich durch eine bessere Bahnanbindung besser organisieren, so die Studie.

Die deutsche Luftfahrtbranche erwartet erst 2024 wieder Umsätze wie vor der Krise

Aus ökologischer Sicht stellen sich die Regionalflughäfen generell als Irrweg dar. Ihr Erhalt mit Steuergeld sei das falsche Signal in der Klimadebatte, sagt BUND-Chef Olaf Bandt. Während der Kohleausstieg und der Umbau der Autoindustrie mit Milliardengeldern gefördert werden, „entsteht hier der Eindruck, der Flugverkehr sei von den Anstrengungen zur Emissionsreduzierung völlig unberührt“. Es sei unverantwortlich, die Flughäfen mit Steuergeldern zu päppeln, obwohl sie einen erheblichen Anteil an der globalen Erwärmung haben.

Einer der Gründe für die aufkommende Diskussion über die Regionalflughäfen ist die Coronapandemie, die den Bedarf an öffentlichen Mitteln noch einmal hochtreibt. Verkehrsminister Andreas Scheuer denkt bereits darüber nach, einen größeren Anteil der Sicherheitskontrollen auf die Kappe des Bundes zu nehmen. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) sieht die Branche derweil auf absehbare Zeit im Krisenmodus. In seinem aktuellen Halbjahresbericht fordert er weitere staatliche Hilfen.

„Alternativen finden“

Der BDL erwartet erst 2024 eine Rückkehr des Luftfahrtgeschäfts auf Vorkrisenniveau. Die Lobbyisten fordern daher eine zügige Öffnung des Reiseverkehrs auf breiter Front.

Es müssen sich „Alternativen für die derzeitigen blockierenden Regeln finden“, sagt Verbandschef Peter Gerber. Die Einschränkungen sollten also schnell enden, damit „der Luftverkehr sich wieder selber finanzieren kann“. Vor allem der Flugverkehr in die USA müsse mit staatlicher Unterstützung wieder angekurbelt werden.

Unabhängige Experten bestätigen derweil die Einschätzung der Umweltverbände zur Wirtschaftlichkeit der kleineren Airports. „Ökonomisch rangieren diese Regionalflughäfen in einer Größe, in der sie nicht kostendeckend zu betreiben sind“, sagt Heinrich Großbongardt von Expairtise Communications in Hamburg. Sie haben meist nicht genug Passagiere, um den Betrieb in ihrer derzeitigen Form zu rechtfertigen. Genau wie die FÖS-Studie nennt er Kassel-Calden als Beispiel für einen besonders unrentablen Standort.

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