Hilfen für den Einzelhandel: Nur Digitalisierung reicht nicht

Die Idee von Wirtschaftsminister Altmaier, den Einzelhandel zu stützen, ist im Prinzip richtig. Lebenswerte Innenstädte brauchen aber mehr als Konsum.

Zwei Männer tragen mehrere Tüten in einer Fußgängerzone

Innenstädte bestehen nicht nur aus Orten des Konsums – und sollten es auch nicht Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Lockdown, Läden zu, aber dem Kind sind die Winterschuhe zu klein. Klar, die Lösung muss nicht AmazonEbayZalando heißen. Aber dem kleinen Schuhhändler um die Ecke, der keinen Online-Shop hat, ist es egal, ob ihm der Umsatz verloren geht, weil die Kund:innen online bei einem US-Konzern kaufen oder bei einer großen deutschen Schuhkette. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nähert sich dem Problem nun und hat angekündigt zu klären, ob sich hier nicht in Sachen Digitalisierung helfen ließe. Für den kleinen Schuhhändler als pars pro toto gewissermaßen.

Das ist grundsätzlich eine richtige Idee. Denn es ist keineswegs so, dass von den Einzelhändlern, die ausschließlich stationär verkaufen, allesamt freiwillig auf einen Online-Shop verzichten. Viele scheuen vor allem die dafür nötigen Investitionen. Ein digitales Warenwirtschaftssystem beispielsweise, an das auch die Kasse im Laden angebunden sein muss, braucht eine Logistik für Verpackung und Versand und am besten jemanden, der auch am Sonntag noch auf E-Mails von potenziellen Kund:innen reagiert.

Finanzielle Unterstützung kann also Ladeninhaber:innen, die das ändern wollen, helfen. Wenn Altmaier nun aber betont, wie wichtig es sei, die Attraktivität von Innenstädten zu verbessern, darf er eines nicht vergessen: Innenstädte bestehen nicht nur aus Orten des Konsums – und sollten es auch nicht. Es gibt Menschen, die nicht konsumieren können oder wollen. Und für sie und alle anderen muss es trotzdem öffentliche Orte geben. Innenstädte sollten daher auch als Orte der Begegnung begriffen werden, als Orte, wo man sich gemeinsam aufhält. Dafür braucht es einen klug gestalteten öffentlichen Raum, Infrastruktur wie Wasserspender oder öffentliche Toiletten, Orte zum Verweilen, die von ganz unterschiedlichen Gruppen als sicher verstanden werden. Ja, das hilft in einer Pandemie wenig. Aber das ist kein Argument dagegen, sondern eines, beides im Blick zu haben: Digitalisierung und öffentlichen Raum.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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