Wirtschaftskrise durch Corona: Dem Staat sei Dank

Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal um 11,7 Prozent eingebrochen. Ohne staatliche Hilfen wäre es noch schlimmer gekommen.

Ein Mann hält einen zerfetzten Regenschirm

Ein soloselbstständiger Musiker demonstriert für Unterstützung Foto: Andreas Arnold/dpa

Die Zahl wirkt dramatisch: Im zweiten Quartal ist die deutsche Wirtschaft um minus 11,7 Prozent eingebrochen, wenn man es mit den Monaten April bis Juni 2019 vergleicht. Trotzdem gibt es keinen Grund zur Trübsal. Denn es ist geradezu ein Wunder, dass die Wirtschaft nicht stärker geschrumpft ist. Schließlich befand sich Deutschland wochenlang im Lockdown.

Die Coronapandemie verlief ökonomisch glimpflich – was allein dem Staat zu verdanken ist. Denn er hat sehr viele Bundesbürger mit Einkommen versorgt. Ob durch Kurzarbeitergeld, Rettungskredite für Unternehmen oder Konjunkturprogramm.

Anders gesagt: Der Staat hat Einkommen aus dem Nichts geschaffen – indem er Schulden aufgenommen hat. Viele Deutsche werden misstrauisch, wenn sich der Staat verschuldet. Aber es war ein blendendes Geschäft. Das ifo-Institut prognostiziert, dass das Minus aufs Gesamtjahr gerechnet 5 Prozent betragen dürfte. Das ist ein Verlust, aber keine Katastrophe.

Niemand hat besser verstanden, wie wichtig der Staat war, als ausgerechnet die Börsianer. Die DAX-Kurve vom Frühjahr ist da lehrreich. Als sich Corona ankündigte, rauschte der Aktienindex um 40 Prozent in die Tiefe. Und die Börsenkurse wären weiter senkrecht gefallen – wenn nicht die Bundesregierung Rettungspakete angekündigt hätte. Kaum wurden die Hilfsprogramme bekannt, ging es wieder aufwärts mit dem DAX. Der Markt wäre ohne den Staat rettungslos verloren, wie sich damals erneut beobachten ließ.

So weit, so schön. Doch es gibt eine Kehrseite. Die Coronakrise zeigt, wie sehr wir auf Wachstum angewiesen sind. Doch in einer endlichen Welt kann man nicht unendlich wachsen. Es geht nicht.

Bisher hat jedoch niemand ein Konzept, wie kapitalistische Gesellschaften ohne Wachstum auskommen sollen. Die Coronakrise ist jedenfalls nicht der Einstieg in eine andere Welt. Sie hilft nur, das jetzige System besser zu verstehen: Ohne Staat geht es nicht.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

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