Maßnahmen gegen Corona: Wer nicht hören will, muss testen

Wo Bayerns Ministerpräsident Markus Söder richtigliegt: Nur weil man gesund ist, hat man nicht das Recht, sich über die Rechte anderer hinwegzusetzen.

Menschen sitzen auf einer Wiese am Rheinufer in aufgemalten Kreisen

Abstand halten und testen, damit lässt sich die zweite Welle vielleicht verhindern Foto: Marius Becker/dpa

Markus Söder ist ein Spielverderber; jedenfalls für jene, die meinen, sie hätten trotz Corona ein Recht auf unbegrenzten persönlichen Freizeitspaß. Den BayerInnen, die sich nicht an die geltenden Sicherheitsregeln halten, zeigt er, wo künftig der Hammer hängt. Söder erhöht die angedrohten Strafen kurzerhand von 5.000 auf 25.000 Euro. Und für jene, die von der Politik nicht nur Drohungen und wertvolle Hinweise erwarten, sondern auch Handlungsoptionen, tut er etwas: mehr Tests. Und zwar am liebsten verpflichtende.

Bei dem Wort Pflicht geht ja den Deutschen gern mal das Strohhütchen hoch. Wie bitte, was ist mit der grundgesetzlich verbrieften Freiheit? Wo kommen wir denn hin, wenn jedeR unter Verdacht gestellt wird, der nach sechs stressigen Coronamonaten sein Bürgerrecht auf grenzüberschreitende Freizeit ausübt? Und hey, ich kenne niemanden persönlich, der sich infiziert hat. Es sind dies die immer gleichen Argumente, die in ihrer Denkfaulheit und Verantwortungslosigkeit mittlerweile maximal anöden.

CSU-Chef Söder, aber auch Merkels Kanzleramtschef Helge Braun oder Gesundheitsminister Jens Spahn haben die Pflicht, angesichts steigender Fallzahlen die Zügel anzuziehen. Wenn sie nichts unternehmen, kollabiert im Herbst und Winter nicht nur das Gesundheitssystem. Eine zweite Infektionswelle, deren erste Anzeichen das Robert-Koch-Institut aktuell anzeigt, würde sehr vielen Menschen das Leben kosten. Also unternehmen sie was. Spahn hat gerade Pflichttest für Urlaubsrückkehrer angekündigt. Wer nicht hören will, muss eben testen.

So weit sind wir also mittlerweile. Wie man sich gegenüber seinen Mitmenschen verhält – ob wie ein Teil der Gruppe oder wie ein Ichling –, ist nichts, was irgendwie abstrakt auf ein ganz persönliches Karmakonto geht. Nur weil man selbst einigermaßen gesund ist, hat man nicht das Recht, sich über die Rechte anderer hinwegzusetzen. Jeden Tag in öffentlichen Verkehrsmitteln, Supermärkten oder am Arbeitsplatz Coronabingo spielen zu müssen, ist ermüdend und desillusionierend.

Das Virus ist wie zu schnell Auto fahren: Vielleicht bin ich drei Minuten früher am Ziel als die anderen – vielleicht aber fahre ich dabei jemanden tot. Persönliche Vorteilsnahme kann mich und andere Menschen sehr unglücklich machen. Dies überhaupt ständig wiederholen zu müssen, ist eine Zumutung. Jeder Mensch kennt Menschen, die er liebt. Es dauert nur eine Millisekunde, um sich das klarzumachen. Denn wenn das Unglück eintritt, ist es zu spät, gegebenenfalls für immer.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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