UN gegen Israels Annexionspläne: Welt vor einem „Wendepunkt“

Die UN warnen vor einer Annexion von Teilen des Westjordanlands durch Israel. Der Schritt könne jegliche Friedensbemühungen zunichte machen.

Demonstraten auf der Strasse, im Hintergrund israelisches Militrä

Gegner der Annexionspläne: palästinensische Demonstranten im Dorf Fasayil im Jordantal Foto: Majdi Mohanned/ap

NEW YORK dpa | Wenige Tage vor möglichen Schritten Israels hat UN-Generalsekretär António Guterres vor der Annexion von Teilen des besetzten Westjordanlandes gewarnt. „Im Falle einer Umsetzung würde die Annexion einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht darstellen, die Aussicht auf eine Zwei-Staaten-Lösung erheblich beeinträchtigen und die Möglichkeit neuer Verhandlungen untergraben“, sagte Guterres am Mittwoch vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York. Der UN-Chef sprach von einem „Wendepunkt“ im Nahostkonflikt und forderte die israelische Regierung auf, ihre Pläne aufzugeben.

Als Grundlage für eine Annexion nimmt die israelische Regierung einen Plan des US-Präsidenten Donald Trump. Den Palästinensern wird darin ein eigener Staat in Aussicht gestellt, jedoch unter strengen Auflagen. Er sieht rund 70 Prozent der Fläche des Westjordanlandes für die Palästinenser vor. Die israelischen Siedlungen sollen aber bleiben. Israel könnte zudem auf das strategisch wichtige Jordantal seine „Souveränität ausweiten“. Jerusalem soll ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben. Die Palästinenser beanspruchen das Westjordanland sowie den Gazastreifen für ihren künftigen Staat mit Ostjerusalem als Hauptstadt.

Im Westjordanland leben rund drei Millionen Palästinenser und mehr als 400.000 israelische Siedler. Der Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erklärte am Mittwoch, wenn Israel auch nur „einen Zentimeter“ dort annektiere, müsse es die Verantwortung für die Zivilbevölkerung übernehmen. „Ein solcher unrechtmäßiger Schritt wird Israel dazu zwingen, die Verantwortung in besetztem Land als Besatzungsmacht entsprechend der 4. Genfer Konvention zu übernehmen“, sagte Abbas bei einer virtuellen Sitzung des Parlaments der Arabischen Liga. Die Konvention verbietet es einer Besatzungsmacht, Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung in besetztes Gebiet zu überführen.

Erste Schritte für die Annexion könnte die israelische Regierung ab dem 1. Juli einleiten. Sollte sie dies tun, befürchten Beobachter den Ausbruch neuer Gewalt in der Region. Die EU und Deutschland stufen eine Annexion als Verstoß gegen internationales Recht ein.

Verhandlungslösung nicht in Sicht

Der UN-Nahostgesandte Nikolai Mladenow sprach am Mittwoch davon, dass eine Verhandlungslösung für den Nahostkonflikt momentan weiter entfernt sei als jemals zuvor. „Es besteht die Gefahr, dass mehr als ein Vierteljahrhundert internationaler Bemühungen zur Unterstützung für einen lebensfähigen palästinensischen Staat, der in Frieden, Sicherheit und gegenseitiger Anerkennung mit dem Staat Israel lebt, beendet werden.“

Wenn die Annexion umgesetzt werde, könne sich die Dynamik in der Region dramatisch verändern und Instabilität im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet auslösen. „In den kommenden Wochen könnten Entscheidungen getroffen werden, die den palästinensischen und israelischen Gesellschaften, der Sicherheit und dem wirtschaftlichen Wohlergehen beider Völker irreparablen Schaden zufügen“, sagte Mladenow. Zu den politischen Problemen kämen dabei die Gefahren durch die Coronakrise, durch die die Palästinenser 80 Prozent ihrer monatlichen Einnahmen verloren hätten.

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