Edén Pastora an Covid-19 gestorben: Nicaraguas Comandante Cero ist tot

Die Besetzung des Nationalpalasts in Managua 1978 machte Edén Pastora berühmt. Nun ist der kritische Politiker gestorben.

Eden Pastora Gomez hält die Hand zum Gruß an die Stirn

El comandante Cero, der Kommandant Null: Edén Pastora Gómez, hier im Mai 2018 Foto: Moises Castillo/ap

WIEN taz | Edén Pastoras Ruhm begann mit einer gefallenen Maske. Eine Gruppe vermummter Guerilleros nahm am 22. August 1978 den Nationalpalast in Nicaraguas Hauptstadt Managua ein und die dort tagenden Abgeordneten als Geiseln. Diktator Anastasio Somoza musste eine halbe Million Dollar Lösegeld zahlen und 80 politische Gefangene freilassen, darunter den späteren Innenminister Tomás Borge.

Das Kommando hatte ein Haudegen, der sich in der sandinistischen Tradition Comandante Cero – Kommandant Null – nannte. An seiner Seite Comandante Uno und Comandante Dos. Als die erfolgreichen Geiselnehmer mit den Freigelassenen das Flugzeug nach Panama bestiegen, lüftete Pastora als Einziger die Maske und hob sein Sturmgewehr zur triumphalen Geste. Die schwarze Baskenmütze und zwei Handgranaten am Revers komplettierten die fotogene Erscheinung. Ein Mythos war geboren. Spötter mokierten sich über „Comandante Kodak“.

Edén Atanacio Pastora Gómez war am 22. Januar 1937 in der nicaraguanischen Kleinstadt Ciudad Darío zur Welt gekommen, vielleicht auch schon am 15. November 1936. Somozas Nationalgarde tötete seinen Vater, als das Kind zarte sieben Jahre zählte. Die Mutter musste Land verkaufen, um den Sohn in die Schule schicken zu können.

Für den Heranwachsenden reifte der Kampf gegen die Diktatur zur fixen Idee. Er schmiss eine medizinische Ausbildung in Mexiko und schloss sich 1962 der eben gegründeten Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) an. Dreimal landete er in Somozas Kerkern, bevor er sich zum Haifischfang ins benachbarte Costa Rica zurückzog.

Vom Guerillero zum Contra

Die Spaltung der FSLN in drei rivalisierende Tendenzen hatte ihn desillusioniert. Das Studium marxistischer Texte und Debatten über ideologische Spitzfindigkeiten waren nicht Pastoras Sache. Er war ein Mann der Tat und als solchen holten ihn die alten Kameraden zurück, als sie den Coup mit der Einnahme des Nationalpalastes planten.

Die erfolgreiche Operation beschleunigte den Volksaufstand gegen Somoza. Keine elf Monate später übernahm eine revolutionäre Junta unter Daniel Ortega die Macht. Der populäre Pastora wurde mit dem bedeutungslosen Posten des Vizeverteidigungsministers abgefunden.

Schon 1981, als die Revolution noch Schwung hatte und sich großen Rückhalts in der Bevölkerung erfreute, wetterte Pastora über die Privilegien der Comandantes und den wachsenden kubanischen Einfluss. Er zog sich einmal mehr nach Costa Rica zurück und trat ein Jahr später mit einer kleinen Partisanengruppe den bewaffneten Kampf gegen die Sandinisten an.

1984 überlebte er ein Attentat während einer Pressekonferenz im Urwaldnest La Penca am Grenzfluss Río San Juan. Sieben Personen, darunter drei Journalisten, wurden von einer Bombe zerrissen. Bis zuletzt machte Pastora den US-Geheimdienst CIA verantwortlich, der damals versuchte, den populären Rebellen in eine Allianz mit rechtsextremen Konterrevolutionären zu zwingen. Alle Indizien sprechen aber dafür, dass der damalige Innenminister Tomás Borge und der kubanische Geheimdienst den Anschlag in Auftrag gegeben hatten. Pastora gab den bewaffneten Kampf auf und gründete eine Fischereigenossenschaft in Costa Rica.

Versöhnung mit Daniel Ortega

Nach der Wahlschlappe der Sandinisten 1990 versuchte Pastora mehrmals das politische Comeback, scheiterte aber zweimal kläglich bei Präsidentschaftswahlen. Als Daniel Ortega 2007 die Wahlen gewann, kam es zur Versöhnung, bei der wohl auch die wirtschaftlich prekäre Lage des alten Opportunisten Pate stand. Für Pastora wurde ein Posten als Generalbevollmächtigter der Region am Río San Juan geschaffen, die dessen ökonomische Flaute beendete.

Sein Haus in Managua konnte man an der Yacht erkennen, die auf einem Anhänger saß. Ortega beauftragte ihn mit Drainagearbeiten an der Flussmündung, die zu einem Grenzkonflikt mit Costa Rica führten. Der Internationale Gerichtshof entschied zugunsten Costa Ricas.

In den letzten Jahren wurde es still um den Veteranen, dessen schlohweißes Haar immer sorgfältig geföhnt wirkte. Obwohl er für sich herausnahm, auch offen Kritik am Regime üben zu dürfen, verteidigte er vor zwei Jahren die blutige Niederschlagung eines von Studenten ausgelösten Aufstandes. „In Nicaragua darf man alles, außer Chaos erzeugen“, sagte er damals in einem Interview. Das gewaltsame Durchgreifen der Polizei sei gerechtfertigt.

„Die Legende wächst und Edén Pastora ist heute im ewigen Heldenhimmel wiedergeboren“, verkündete Vizepräsidentin Rosario Murillo mit gewohntem Pathos am Dienstag, als Pastoras Tod in einem Krankenhaus in Managua bekannt gegeben wurde. In einem Land, wo das Regime die Corona-Pandemie leugnet, trug das Militärspital von Managua als Todesursache akutes „Lungenversagen“ ein.

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