Pessimistische EU-Konjunkturprognose: Mit Geld gegen die Furcht

Die Wirtschaft bricht in Europa massiv ein. Es wäre fatal, wenn die EU nicht genug Geld ausgeben würde, um die Coronakrise zu bekämpfen.

Mehrere grüne100-Euro-Scheine

Die geplanten Konjunkturpakete reichen nicht Foto: Marius Schwarz/imago

Es wird noch schlimmer als gedacht: Die EU-Kommission hat jetzt prognostiziert, dass die europäische Wirtschaft in diesem Jahr um sage und schreibe 8,3 Prozent einbrechen dürfte. Zugleich spaltet sich Europa in Arm und Reich, denn die Coronaschäden verteilen sich nicht gleichmäßig. In Spanien, Italien und Frankreich dürfte die Wirtschaft um mehr als 10 Prozent schrumpfen – während es in Deutschland „nur“ etwa 6,3 Prozent sind.

Die geplanten Konjunkturpakete sind dabei schon berücksichtigt, was nur heißt: Sie reichen nicht. Die EU-Kommission will zwar 750 Milliarden Euro ausgeben, aber selbst diese enorme Summe kann nicht verhindern, dass Europa auseinanderdriftet. Also bleibt nur: Die EU-Kommission muss noch mehr Schulden machen und noch mehr Geld in die ärmeren Länder schleusen.

Historische Vergleiche zeigen, dass das denkbare Volumen noch längst nicht ausgeschöpft ist. Der US-Präsident Franklin Roosevelt gab für seinen „New Deal“ etwa 40 Prozent der Wirtschaftsleistung von 1929 aus. Das geplante 750-Milliarden-Programm der EU würde nur 5,4 Prozent des europäischen Inlandsprodukts von 2019 ausmachen. Die Bilanz wird nicht wesentlich besser, wenn man die Programme der einzelnen Länder hinzurechnet: Deutschland etwa plant für sein Konjunkturprogramm 130 Milliarden Euro ein. Dies sind 3,8 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung von 2019.

Nicht wenigen Bürgern wird schummrig, wenn sie hören, dass die EU noch mehr Geld ausgeben soll. Hartnäckig hält sich die Furcht, dass eine Inflation ausbrechen könnte, falls der Staat Geld „druckt“. Doch diese Sorge ist unnötig: Die Preise stagnieren momentan, weil viele Menschen um ihre Jobs fürchten und die Kunden fehlen. Roosevelt sagte in seiner ersten Rede als Präsident: „Das Einzige, was wir fürchten müssen, ist die Furcht.“

Dieser Satz trifft auch auf die Europäer zu. Es wäre fatal, wenn sie nicht genug Geld ausgeben würden, um die Coronakrise zu bekämpfen – nur weil sie eine höchst unwahrscheinliche Inflation in fernen Zeiten befürchten.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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