Die Wochenvorschau für Berlin: Bildungsbürgerliche Kontemplation

Das Sommerloch klaft tiefer denn je. Das ist die perfekte Gelegenheit für waschechte BerlinerInnen, die sonst so überfüllte Museumsinsel zu erkunden.

Angenehme Leere: Auf der Museumsinsel Foto: dpa

Was soll man machen in einer Woche in Berlin, wo das Sommerloch dank Corona noch bodenloser daherkommt als in den Jahren zuvor? Nicht nur, dass viele BerlinerInnen die Stadt verlassen haben und sich auf den Campingplätzen und in den Hotels drängeln, die man sich derzeit traut anzusteuern. Es fehlen auch die TouristInnen, die die Stadt beleben. Nicht einmal ordentliches Badewetter scheinen wir diese Woche zu bekommen!

Vielleicht keine schlechte Idee, endlich mal all jene Museen zu besuchen, die sich im Normalfall für die durchschnittlichen BerlinerInnen verbieten, da man stundenlang in der Schlange stehen muss. Und welche Stadt hat schon eine dermaßen schöne Einrichtung wie die Museumsinsel zu bieten, auf der man sich ganze Wochen treiben lassen könnte? Wann hatte man je mehr Muße zu bildungsbürgerlicher Kontemplation denn jetzt?

Es trifft sich also sehr gut, dass die staatlichen Museen nicht nur für Kinder und Familien, sondern auch für Erwachsene allerhand Sommerveranstaltungen bieten, die kostenfrei bis günstig Einblicke in ihre Welt gewähren. Neben Zeichen- und Malkursen und geführten Inselrundgängen gibt es diese Woche im erst kürzlich eröffneten Zentrum für kulturelle Bildung, im Haus Bastian, unter dem Titel „Verstärker“ die Möglichkeit, das Thema Alter aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten (Dienstag 11–15 Uhr).

Nach dem Motto „Zwei auf der Insel“ bieten die Museen die Möglichkeit, MitarbeiterInnen näher kennenzulernen. Ebenfalls am Dienstag (13–14 Uhr) kann man sich beispielsweise mit Olivia Zorn und Martin Maischberger unterhalten, der stellvertretenden Direktorin des Ägyptischen Museums und dem stellvertretenden Direktor der Antikensammlung. Zorns Forschungschwerpunkt liegt auf dem Mittleren Reich, weil die ÄgypterInnen in dieser Zeit angefangen haben, sich komplexeren religiösen Fragen nach dem Jenseits und dem Sinn des Lebens zu stellen. Auch weiß sie viel über die vergleichsweise gleichberechtigte Stellung der Frau im alten Ägypten. Martin Maischberger hat sich dagegen mit Bildern von Männlichkeit im klassischen Griechenland befasst. Das Gespräch könnte spannend werden.

Eine andere schöne Sommeridee, die die staatlichen Museum schon länger kultivieren, ist die Kolonnadenbar mit Diskussion, Musik und Getränken vor dem Eingang der Alten Nationalgalerie. Diesen Donnerstag findet sie zum ersten Mal statt, dann an allen Donnerstagen bis Mitte August, jeweils ab 19 Uhr. Bei allen Veranstaltungen diesen Sommer soll es um das neue Vokabular zur Krise gehen: Die vielen schönen Wörter, die uns plötzlich so leicht über die Lippen gehen: Homeschooling und Social Distancing, Behelfs-Mund-Nasen-Schutz und Systemrelevanz.

Apropos: Wegen des Mindestabstands kommen für einige Angebote auf der Museumsinsel eigens sterilisierte Kopfhörer zum Einsatz.

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