Nothilfefonds in der Coronakrise: Finanzhilfe für Studierende startet

Ab Dienstag können Studierende in Not Geld vom Staat beantragen – maximal 500 Euro pro Monat. Studierenden-VertreterInnen rufen zu Protesten auf.

Protest von Studierendenvertretern am Hauptsitz des Bundesministerium für Bildung und Forschung in Bonn

Protest von Studierenden am Hauptsitz des Bundesministerium für Bildung und Forschung in Bonn Foto: Björn Kietzmann

BERLIN taz | Als im März das öffentliche Leben in Deutschland heruntergefahren wurde, verloren auch viele Studierende ihre Nebenjobs. Einer Studie des Personaldienstleisters Zenjob zufolge sollen es bis zu 40 Prozent sein. Wer nun kaum noch Geld auf dem Konto hat, kann ab Dienstag eine Finanzspritze von maximal 500 Euro pro Monat beantragen. Anträge können Bedürftige ab Dienstag über das Portal ueberbrueckungshilfe-studierende.de stellen, wie Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Montag bekannt gab.

Der vom Bildungsministerium aufgelegte Nothilfefonds umfasst 100 Millionen Euro. Ausgezahlt werden maximal 1.500 Euro in drei Tranchen für insgesamt drei Monate. Das Geld muss jeden Monat neu beantragt werden. Voraussetzung ist der Nachweis, dass man weniger als 500 Euro auf dem Konto hat. Die Höhe des Zuschusses richtet sich nach dem Kontostand – wer 400 Euro auf der Habenseite hat, bekommt nur 100 Euro für den Monat vom Staat.

Weil die Software für die Bearbeitung der Anträge erst Ende Juni einsatzbereit sein soll, müssen sich die Studierenden auch noch etwas gedulden: Das Geld soll erst ab Juli fließen.

Wie viele Studierende Anträge stellen werden, sei derzeit nicht abzuschätzen, so der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerkes Achim Meyer auf der Heyde. Die Studentenwerke – sonst zuständig für Mensen und Wohnen – übernehmen die Verteilung des Geldes. Eine ganz neue Herausforderung, wie Meyer auf der Heyde betonte, „vergleichbar mit einer Operation am offenen Herzen“. Einfacher wäre es sicher gewesen die Nothilfe über das Bafög-System zu verteilen, so auf der Heyde.

Opposition spricht von Alibi-Nothilfe

Im vergangenen Jahr erhielt nicht mal jede und jeder Fünfte die staatliche Ausbildungsförderung. Entscheidend ist das Einkommen der Eltern. 900 Millionen Euro blieben im Bafög-Topf, weil das Geld nicht abgerufen wurde. Als Finanzierungsquellen rangierten bisher für die meisten Studierenden das elterliche Portemonnaie und ihre eigenen Nebenjobs höher.

Eine temporäre Öffnung des Bafögs für eine größere Anzahl von Studierenden in der Coronakrise hatten Linkspartei, Grüne und FDP gefordert. Karliczek hatte das abgelehnt. Den Nothilfefonds kritisieren Grüne und Linke nun scharf.

„Die Trägheit der Ministerin, ihre Ausflüchte gegen eine Öffnung des BAföG und die unzureichende Alibi-Nothilfe bedrohen den Studienerfolg von hunderttausenden Studierenden“, so der hochschulpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Kai Gehring.

Als „blanken Hohn“ bezeichnet Nicole Gohlke von der Linkspartei die 500-Euro-Hilfe. „Damit wird vor allem die Chancengleichheit von Studierenden aus Arbeiterfamilien massiv beeinträchtigt.“

Studierende rufen zur Protestdemo auf

Studierende, die pandemiebedingt schon vor Juli dringend Geld brauchten, konnten außerdem zinslose Kredite bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantragen. Bis zu 650 Euro können sie pro Monat als zinsloses Darlehen erhalten. Der Bafög-Höchstsatz liegt bei 850 Euro.

Laut Bildungsministerium sind im Mai Kredite in Höhe von fast 170 Millionen Euro vergeben worden. VertreterInnen des freien zusammenschlusses von student*innenschaften (fzs) schimpfen daher über beide Instrumente: die Darlehen und den Nothilfefonds.

„Ab morgen können Studierende den sogenannten Nothilfefonds der Bundesregierung beantragen – drei Monate, in denen unzählige Studierende bereits ihr Studium abbrechen mussten, um Zugang zur Grundsicherung zu erhalten“, so Amanda Steinmaus aus dem Vorstand des studentischen Dachverbands. Dabei sei der Fonds ein „Witz“. Auch die Darlehen seien nicht ausreichend und müssten zudem direkt nach Studienende zurückgezahlt werden.

Für den Samstag ruft der fzs zum Protest vor dem Bildungsministerium auf.

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