EU-Lieferkettengesetz: Gegen Ausbeutung

Faire Löhne und Ende von Kinderarbeit: Deutschland will seine EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um ein EU-weites Lieferkettengesetz zu erarbeiten.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller mit ArbeiterInnen auf einer Kaffeeplantage.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller beim Besuch einer Kaffeeplantage in der Elfenbeinküste 2017 Foto: Ute Grabowksy/photothek/imago

taz | BERLIN Im Kampf gegen Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltzerstörung will Deutschland seine EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um ein europäisches Lieferkettengesetz zu erarbeiten. Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel die Diskussion über deutsche Normen im März vertagt hatte, macht Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) nun einen europäischen Vorstoß.

Er wolle Regeln für die Lieferketten zu einem Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft machen, sagte er anlässlich des Internationalen Tags gegen Kinderarbeit der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Alle großen Unternehmen wären dann verpflichtet, faire Löhne für die Arbeiter in ihren Lieferketten zu bezahlen und Kinderarbeit zu beenden, dort wo unsere Schuhe, Kleidung, Kaffee produziert werden“, sagte Müller.

Das Wirtschaftsministerium hatte die Arbeit an einem deutschen Gesetz auf Druck der Wirtschaft mit Verweis auf die Corona­krise zurückgestellt. Den Firmen gehe es ohnehin schon schlecht – da könne die Regierung nichts planen, das weitere Kosten verursache. Dabei kommt der neue Vorstoß auch den Forderungen der Verbände entgegen. So hat der Handelsverband Deutschland (HDE) schon im vergangenen Jahr eine europäische Regelung gefordert – damit deutsche Firmen keine Nachteile gegenüber der Konkurrenz haben.

Einer Studie der EU-Kommission zufolge würde ein Lieferkettengesetz die großen Unternehmen nur 0,005 Prozent ihrer Umsätze kosten. Für die Menschen auf Kaffeeplantagen oder in den Textil- oder Chemiefabriken der Schwellenländer könnte es dagegen einen riesigen Unterschied machen. Ein entsprechend streng gestaltetes Gesetz könnte auch der Abholzung der Regelwälder für den Anbau von Kakaobohnen entgegenwirken, glauben Experten der Organisation Mighty Earth.

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Knappe Zeit

Der Vorstoß Müllers stößt bei Menschenrechtsgruppen daher auf Zustimmung. „Wir haben selbst schon länger eine EU-Regulierung zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten gefordert“, sagt Armin Paasch von der Organisation Misereor der taz. Allerdings sollte zuerst das deutsche Gesetz stehen, damit die EU mitziehen könne. Ein Prüfverfahren, das Ansichten von verschiedenen Seiten zusammenträgt, könne im Juli abgeschlossen werden.

Müller und SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil könnten dem Bundestag dann möglicherweise schon im Herbst ein Gesetz zur Entscheidung vorlegen. Wenn es jedoch länger dauere, könne es wegen des Wahljahres 2021 lange Verzögerungen geben, befürchtet Paasch. Es empfehle sich daher nicht, erst auf eine EU-Richtlinie zu warten.

Deutschland übernimmt ab Juli die Präsidentschaft der EU, bei der sich die Mitgliedsstaaten abwechseln. Es ist üblich, dabei Themenschwerpunkte zu setzen. Wegen der langen Entscheidungswege in der EU werden allerdings nur die wenigsten Initiativen in dem halben Jahr der Präsidentschaft umgesetzt. Bei EU-Justizkommissar Didier Reynders aus Belgien läuft Müller immerhin offene Türen ein: Er fordert seinerseits ebenfalls ein Lieferkettengesetz.

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