Abzug von US-Truppen aus Deutschland: Trump will die Kasernen leeren

Der US-Präsident möchte seine Drohung nun wohl endlich wahrmachen. Tausende Soldaten sollen Deutschland bald verlassen. CDU-Außenpolitiker kritisieren das.

Ein militärischer Fallschirmspringer am blauen Himmel

Wird hier bald nicht mehr landen: Ein Fallschirmspringer schwebt über der US-Airbase in Ramstein Foto: imago-images/Zuma

WASHINGTON/BERLIN/WARSCHAU dpa/rtr | US-Präsident Donald Trump plant nach Medienberichten einen drastischen Abbau der US-Truppen in Deutschland. Das Wall Street Journal berichtete am Freitag unter Bezug auf ungenannte US-Regierungsvertreter, Trump habe das Pentagon angewiesen, die US-Truppenpräsenz in Deutschland von derzeit 34. 500 Soldaten um 9.500 zu reduzieren. Außerdem solle eine Obergrenze von 25. 000 US-Soldaten eingeführt werden, die gleichzeitig in Deutschland anwesend sein könnten. Auch das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete unter Bezug auf eigene Informationen über eine geplante massive Reduzierung der US-Truppenpräsenz in Deutschland.

Das Weiße Haus bestätigte entsprechende Pläne Trumps nicht. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Ullyot, teilte am Freitag mit, derzeit gebe es dazu keine Ankündigung. Trump überprüfe aber ständig den Einsatz von US-Soldaten im Ausland. „Die Vereinigten Staaten sind weiterhin entschlossen, mit unserem engen Verbündeten Deutschland zusammenzuarbeiten.“

Der Spiegel berichtete, das Weiße Haus habe Teile des US-Kongresses darüber informiert, dass das Pentagon bis zum Herbst 2020 zwischen 5.000 und 15.000 der derzeit rund 35.000 US-Soldaten aus Deutschland abziehen werde. Dem Vernehmen nach habe die US-Regierung den Nato-Partner Deutschland nicht wie üblich vorab über die Entscheidung informiert, hieß es in dem Bericht weiter. Das Pentagon äußerte sich auf Anfrage nicht zu einem möglichen Truppenabzug.

„Weiterer Weckruf“ an die Europäer

Mehrere CDU-Außenpolitiker haben mit deutlichen Worten das Vorhaben der US-Regierung kritisiert. „Die Pläne zeigen erneut, dass die Trump-Administration eine elementare Führungsaufgabe vernachlässigt: die Einbindung der Bündnispartner in Entscheidungsprozesse“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, am Samstag. Alle Nato-Partner profitierten vom Zusammenhalt des Bündnisses, nur Russland und China vom Zwist. „Das sollte in Washington mehr beachtet werden“, forderte der CDU-Politiker. Wie zuvor der CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte sprach auch Wadephul von einem „weiteren Weckruf“ an die Europäer, sich sicherheitspolitisch selbst besser aufzustellen. Das Auswärtige Amt wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

Dass die Bundesregierung über die Entscheidung nicht vorher informiert worden sei, sei ein „sehr ungewöhnlicher Vorgang“, sagte der CDU-Außenpolitiker Andreas Nick der Deutschen Welle. Alles deute darauf hin, „dass es sich nicht um eine fachliche, sondern rein politisch motivierte Entscheidung handelt“, sagte er. Viele der US-Soldaten in Deutschland seien gar nicht auf die territoriale Landesverteidigung ausgerichtet, sondern hätten Aufgaben innerhalb der Nato und der weltweiten militärischen Präsenz der USA. Die US-Soldaten und ihre Familien seien in Deutschland „herzlich willkommen“, fügte Nick hinzu.

Der Vorsitzende der Links-Fraktion Dietmar Bartsch sieht dagegen in dem angeblich geplanten US-Truppenabzug auch eine Chance. „Die Bundesregierung sollte ihn dankend annehmen und zeitnah einen Komplettabzug der US-Soldaten mit der Trump-Administration vorbereiten. Wenn die Soldaten abgezogen werden, sollten sie gleichzeitig die US-Atombomben mitnehmen“, erklärte Bartsch am Samstag in Berlin. Er fügte hinzu: „Das hätte den Kollateralnutzen, dass der Steuerzahler Milliarden sparen würde, weil neue Kampfjets nicht angeschafft werden müssten.“unter Bezug auf eigene Informationen über eine geplante massive Reduzierung der US-Truppenpräsenz in Deutschland.

Polen macht sich Hoffungen

Bereits im vergangenen Jahr hatten die USA mit dem Teilabzug ihrer Truppen aus Deutschland gedroht. Der damalige US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, hatte im vergangenen August gesagt: „Es ist wirklich beleidigend zu erwarten, dass der US-Steuerzahler weiter mehr als 50.000 Amerikaner in Deutschland bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsüberschuss für heimische Zwecke verwenden.“ Zu den damals rund 35.000 US-Soldaten in Deutschland kamen 17.000 amerikanische und 12.000 deutsche Zivilisten, die von den US-Truppen beschäftigt wurden. Zehntausende weitere Arbeitsplätze in Deutschland hängen von den amerikanischen Streitkräften ab.

Der US-Präsident fordert seit langem eine gerechtere Lastenteilung innerhalb der Nato und hat wiederholt die aus seiner Sicht mangelnden Verteidigungsausgaben Deutschlands kritisiert. Trump hatte eine Verlegung von Truppen von Deutschland nach Polen bereits im Juni vergangenen Jahres bei einem Besuch des polnischen Präsidenten Andrzej Duda in Washington ins Spiel gebracht.

Polen hat auch schon erneut kundgetan, von dem jetzt geplanten Truppenabzug aus Deutschland profitieren zu wollen. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki äußerte am Samstag die Hoffnung, dass ein Teil der abgezogenen amerikanischen Soldaten in seinem Land stationiert werde. Er verwies auf zahlreiche Gespräche, die Polen in der Vergangenheit geführt habe. „Die Entscheidung liegt nun aufseiten der USA“, sagte Morawiecki dem Radiosender RMF24.

Merkels Reiseabsage ist nicht der Abzugsgrund

Die Beziehung zwischen der Bundesregierung und der Trump-Administration sind seit langem angespannt. Das Wall Street Journal berichtete unter Berufung auf eine mit der Entscheidung vertraute Quelle, Trumps Truppenabzugspläne hätten nichts mit der Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu tun, wegen der Corona-Pandemie voraussichtlich nicht an einem von Trump angedachten G7-Gipfel im Juni im Weißen Haus teilnehmen zu können.

Trump ist in diesem Jahr Gastgeber des Treffens. Ursprünglich war der Gipfel für den 10. bis 12. Juni am Landsitz des Präsidenten in Camp David geplant gewesen. Im März hatte die US-Regierung das Treffen wegen der Corona-Pandemie abgesagt und eine Videokonferenz angesetzt. Kürzlich hatte Trump sich dann doch wieder dafür ausgesprochen, das Treffen bald persönlich im Weißen Haus abzuhalten – als Zeichen der Erholung in der Corona-Krise. Nach Merkels Ankündigung sagte Trump, der Gipfel werde nun voraussichtlich im September zusammenkommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.