Kabinettsentscheidung zu Schlachthöfen: Hauptsache, das Steak ist günstig

Bloß nicht die WählerInnen verärgern: Arbeitsminister Heil ergreift halbherzige Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten in der Fleischindustrie.

Mastschwein auf einem Gnadenhof im Stroh

Mastschwein Lotta entging der Schlachtung und lebt auf einem Gnadenhof Foto: Uwe Anspach/dpa

Damit die Bundesregierung auf die Missstände in der Fleischindustrie regierte, bedurfte es offenkundig erst Nachteilen für die eigene Bevölkerung: Mit jedem neuen Ausbruch einer Coronainfektion im Schlachthaus geraten auch die Lockerungen für die Bewohner der Umgebung in Gefahr.

Die Verlagerung des Zerlegegeschäfts an Subunternehmer und deren ausbeuterische Methoden bis hin zu Stundenlöhnen von wenigen Euro – all das war der Regierung bisher ziemlich egal. Die Zustände in der Branche sind seit Jahren bekannt, doch niedrige Preise für das Nackensteak oder Rippchen stehen höher im Kurs als Gefahren für GastarbeiterInnen.

So fällt auch das ansonsten vernünftige Maßnahmenpaket des Arbeitsministers in Bezug auf die Fleischindustrie nur halbherzig aus. Im Grunde müssten die geplanten Regelungen nicht nur auf dem Schlachthof gelten, sondern überall, wo WanderarbeiterInnen in Deutschland die Arbeit erledigen, für die sich keine Einheimischen mehr finden.

Vor allem in der Landwirtschaft dürfte es ebenfalls schwierig sein, Mindeststandards bei der Unterbringung der Zehntausenden ErntehelferInnen zu garantieren. Auch hier wären entsprechende Kontrollen angebracht. Doch auch hier gilt, dass günstige Lebensmittelpreise wichtiger sind als faire soziale Bedingungen.

Billigfleisch verkauft sich immer

Das Kaufverhalten der VerbraucherInnen zeigt leider, dass die PolitikerInnen mit ihrer Einschätzung richtig liegen. Das Billigfleisch mit erkennbar miesen Haltungsbedingungen wird gekauft wie immer, auch wenn die Konsumenten in Umfragen angeben, dass ihnen das Tierwohl am Herzen liege. Auch deshalb wird es keine Revolution in der Tierproduktion geben.

Eine künstliche Verteuerung über Abgaben, wie es die Grünen fordern, könnte die amtierenden Regierungsparteien die Machtoption kosten. Es sind intelligentere Wege zu einem Umdenken gefragt, damit Forderungen nach politischen Maßnahmen wie einem Veggieday oder 5-Euro für den Liter Benzin nicht erneut von entrüsteten WählerInnen hinweg gefegt werden.

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