Schiffsbauer in der Krise: Werften fordern Flottenprogramm

Die Coronakrise belastet Deutschlands Werften – vor allem die Hersteller von Traumschiffen.

Ein Schiff auf dem Meer

Computersimulation des deutschen Kampfschiffs «MKS 180» Foto: Damen Shipyards/dpa

HAMBURG taz | Ein schwerer Stein“ ist dem Chef der Deutschen Marine „vom Herzen gefallen“. Dem Bau des neuen „Mehrzweckkampfschiffes 180“ stehe seit vergangener Woche nichts mehr im Wege, twitterte Vizeadmiral Andreas Krause. Grund zur Freude ist der Zusammenschluss der beiden führenden deutschen Marine-Werften Lürssen und German Naval in Kiel. Letztere war im Januar bei der Vergabe des 5-Milliarden-Euro-Projektes „MKS 180“ leer ausgegangen, es drohte eine Klageflut. Das hätte Schiffstaufen auf unabsehbare Zeit verzögern können.

Nun darf die Bremer Lürssen-Gruppe mit den Planungen für die Kampfschiffe durchstarten. Lürssen – zur Gruppe gehören Werften unter anderem in Wolgast und Hamburg – wird damit zum Monopolisten im militärischen Überwasserschiffbau in Deutschland. „Der Zusammenschluss folgt den Forderungen des öffentlichen Auftraggebers“, also des Bundes, heißt es vielsagend. Die Bundesregierung hatte kürzlich den Marineschiffbau zur strategischen „Schlüsseltechnologie“ aufgewertet.

Auf eine entsprechende Vorzugsbehandlung hofft nun die gesamte Branche. Rund 3.000 Unternehmen beschäftigen 200.000 Menschen in allen Bundesländern. Doch schon vor Corona ging es den zivilen Schiffbauern mancherorts schlechter als den militärischen: Die Werft in Elsfleth wird von Lürssen geschlossen; die Flensburger FSG steckt in der Insolvenz. In der IG Metall ist man dennoch optimistisch, dass die neue Geschäftsleitung die renommierte Fährschiffwerft FSG über Wasser halten kann.

Besonderheiten der Schiffsbranche

In der Coronakrise bestellen die Reeder aber keine neuen Fähren, Offshore-Versorger oder Kreuzfahrtschiffe. Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) warnte daher am Dienstag auf seiner Jahrespressekonferenz „vor der vor uns liegenden Krise“. Noch sind fast alle Werften weitgehend ausgelastet. Doch im Gegensatz zu anderen Industrien liegen im Schiffsbau zwischen Auftrag und Kiellegung manchmal mehrere Jahre. Fehlen heute die Aufträge, erklärte VSM-Geschäftsführer Reinhard Lüken, wird „uns morgen die Arbeit ausgehen“.

Besonders hart trifft es Kreuzfahrer. Der Traumschiff-Urlaub war in den vergangenen Jahren der am stärksten wachsende Tourismuszweig, der Bau von Kreuzfahrtschiffen wurde zum umsatzstärksten Geschäft im Weltschiffbau. Die hochkomplexen Luxusliner, Stückpreis bis zu einer Milliarde Euro, werden fast ausschließlich in Europa produziert. Davon profitierte vor allem die Meyer-Werft in Niedersachsen.

Mittlerweile versuchen sich auch die drei MV-Werften an der Ostsee am Bau von Kreuzfahrern. Sie gehören einem asiatischen Tourismuskonzern. Es geht um Hilfen über 600 Millionen Euro. Auch Niedersachsen will „seine“ Meyer-Werft unterstützen. Der Schiffbauverband VSM fordert zudem ein zeitlich begrenztes „Flottenprogramm“, das öffentliche Aufträge für Küstenwachboote, öffentliche Verkehre und Forschungsschiffe vorzieht und finanzielle Anreize für eine umweltfreundliche Erneuerung der Handelsflotte setzt.

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