Berliner Flohmarktsaison beginnt: Flohmärkte dürfen wieder öffnen

Flohmarktbetreiber hatten bisher keine Perspektive, schnell wieder öffnen zu können – Lockerungen ließen auf sich warten. Die kommen jetzt doch.

Alte Schallplatten und vieles andere: ein Mann besucht einen Stand auf dem Flohmarkt im Berliner Mauerpark - ein Archivfoto

Solche Bilder gibt es gerade nicht, daher aus dem Archiv: Szene auf dem Flohmarkt im Mauerpark Foto: dpa

BERLIN taz | Während der Coronaquarantäne wird so mancher vor lauter Langeweile nichts Besseres zu tun gehabt haben, als die Wohnung zu entrümpeln. In so manchen Berliner Haushalten dürften die Kisten deswegen prall gefüllt sein. Nur: Wohin mit dem Zeug? Eigentlich sollte die Saison für Floh- und Trödelmärkte gerade so richtig anlaufen, aber anders als etwa Wochenmärkte, die mit ihrem Angebot an Lebensmitteln für die Grundversorgung der Bevölkerung da sind, fallen diese in die Kategorie der Großveranstaltungen und waren damit pandemiebedingt in Berlin nach aktueller Lage bis Ende August verboten. Die Saison wäre somit in diesem Jahr wohl gelaufen. „Coronaferien für alle“ verkündet dementsprechend der Veranstalter des „Flowmarkt Nowkölln“ auf seiner Webseite, der normalerweise alle 14 Tage am Maybachufer in Kreuzberg stattfindet.

Laut der Pressestelle der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe werden diese sogenannten Ferien allerdings doch kürzer sein als bislang gedacht. Laut der neuesten „Orientierungshilfe für Gewerbe“ des Senats vom Sonntag können Trödel- und Flohmärkte doch schon früher wieder öffnen, hieß es am Montag auf Anfrage der taz. „Geöffnet werden dürfen Wochenmärkte sowie Trödel- und Flohmärkte“, heißt es in der „Anwendungsempfehlung“ der Senatskanzlei für die Coronaverordnung.

Um die 30 Trödel- und Flohmärkte gibt es in Berlin, spezielle Antik- oder Bücherflohmärkte sowie privat organisierte Flohmärkte nicht mitgerechnet. Die meisten von ihnen finden regelmäßig am Sonntag, einige wenige auch am Samstag statt. Dass die nun wirklich alle bis in den späten Herbst ausfallen sollten, das hat Kerstin Hildner, Veranstalterin des Trödelmarktes auf der Straße des 17. Juni, nicht wirklich glauben können. Hildner ist Marktveranstalterin und hat kein zweites Standbein, um über die Runden zu kommen, sagt sie, ihre Mitarbeiter seien aktuell noch in der Kurzarbeit.

„Jedes Mal, wenn in Berlin neue Lockerungen der Coronaregelungen beschlossen werden, war ich die Erste, die beim Ordnungsamt anrief und fragt, ob da vielleicht auch für uns etwas dabei ist“, erklärt Hildner. Dass Wochenmärkte stattfinden dürfen, Trödelmärkte aber nicht, das war für sie nicht wirklich verständlich in Anbetracht des Geschiebes und Gedrängels, das sie dort teilweise erlebe. Außerdem würden auf diesen Wochenmärkten ja längst nicht nur Lebensmittel verkauft, sondern auch Dinge wie Klamotten und Schmuck. Die Trennschärfe zwischen den verbotenen und genehmigten Märkten sei damit bereits verwischt, meint Hildner.

Die Floh- und Trödelmärkte öffnen in den kommenden Tagen wie folgt:

Flowmarkt Nowkölln startet am 7. Juni, alle anderen Floh- und Trödelmärkte starten am 23. und 24. Mai. Der Mauerpark-Flohmarkt eröffnet am 31. Mai.

Schlechte Informationslage

Ähnlich klingt das auch bei Alfred von Loh, der in besseren Zeiten den Flohmarkt auf dem Arkonaplatz in Prenzlauer Berg organisiert. „Warum etwa der Stoffmarkt am Maybach­ufer stattfinden darf, ich aber keinen Flohmarkt veranstalten durfte, verstehe ich nicht“, sagt er. Erklären konnte ihm das auch niemand: „Die Informationslage rund um das Thema Märkte ist sehr schlecht. So richtig scheint dafür keiner zuständig zu sein.“

Keine Flohmärkte bedeuteten aber nicht nur traurige Wochenenden für passionierte Schnäppchenjäger und fehlende Aufgaben für Marktbetreiber, sondern brachten auch so manche Trödler, Plattenhändler und Catering-Betriebe in echte Schwierigkeiten. Nicht wenige von ihnen leben schließlich teilweise oder gar ganz davon, dass sie auf den Märkten ihre Waren anbieten können. Rainer Perske, der den sonntäglichen Flohmarkt am Mauerpark organisiert, erzählt, er habe immer wieder Anrufe von seinen Händlern bekommen mit der immer gleichen Frage: wann es denn nun endlich weitergehe. „Die Händler brauchen dringend Umsätze“, sagt er.

Für ihn selbst war die Situation nicht ganz so prekär wie etwa für Alfred von Loh, der ­ausschließlich den Markt auf dem Arkonaplatz organisiert. Mit seiner Firma veranstaltet er diverse Wochenmärkte in Berlin. Mit dem temporären Wegfall des Flohmarkts am Mauerpark in Prenzlauer Berg fehlen ihm ungefähr die Hälfte seiner normalen Umsätze.

Auch er hatte die Hoffnung, dass er noch vor Ende August wieder an den Sonntagen Marktstände aufbauen darf. „Alles hängt jetzt von der Reproduktionszahl ab“, glaubt er, „bleibt diese relativ niedrig, kann ich mir vorstellen, dass es wieder losgehen kann.“ Steigt die Zahl jedoch wieder, betrachtet er die frühe Lockerung eher skeptisch: „Es bringt dann ja nichts, zu öffnen, um dann wieder schließen zu müssen.“

Eigentlich 40.000 BesucherInnen

Allerdings sei es für ihn sowieso ein riesiges Unterfangen, das Gelände des Mauerpark-Flohmarkts coronatauglich zu machen. Normalerweise tummelten sich bei seinem Flohmarkt an einem Sonntag bis zu 40.000 BesucherInnen. So viele müsse man aktuell zwar nicht befürchten, da die Touristen ja vorerst wegfallen würden. Doch auch wenn er nur 5.000 BesucherInnen an solch einem Flohmarktsonntag zuließe, müsste er nicht nur die Hy­gienevorgaben erfüllen und die aktuell eher bescheidenen sanitären Möglichkeiten auf dem Gelände aufrüsten, sondern auch Eingänge kontrollieren und gleichzeitig Staus vor diesen verhindern. „Der Aufwand müsste verdoppelt oder gar verdreifacht werden“, glaubt er, rein wirtschaftlich gesehen würde es damit für ihn sogar relativ eng werden. Doch auch da er sich ein wenig verantwortlich für seine Händler fühlt, versichert er: „Unterm Strich möchte ich schon wieder öffnen.“

Das möchte auch Michael Groß, der Veranstalter des „Flowmarkt Nowkölln“ am Maybach­ufer. Aber anders als alle anderen Flohmarktbetreiber in Berlin. „Um die Flowmarkt-freie Zeit etwas zu überbrücken, habe ich mir überlegt, eine ‚Flowmarkt Boutique‘ aufzumachen, mit genau einem Marktstand“, sagt er. Dafür hat er in der Lenau­straße 20 in Neukölln ein kleines Ladenlokal angemietet, in dem er fortan immer samstags einen Miniflohmarkt organisiert. Dabei soll gelten: Abstand halten und immer nur ein Besucher im Verkaufsraum. Los gehen soll es damit am Samstag, den 23. Mai. Verkaufen in dem Flohmarktstand, in dem niemand die Konkurrenz anderer Händler zu befürchten hat, kann man für die Tagesgebühr von 50 Euro.

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