Ruanda lockert Corona-Maßnahmen: Das Gröbste scheint überstanden

Vor Millionen Corona-Toten in Afrika wurde gewarnt, doch dieses Szenario scheint abgewandt zu sein. Ruanda lockert bereits die Ausgangssperre.

Noch mal gut gegangen – In Ruanda werden die Maßnahmen bereits wieder gelockert Foto: Imago

KIGALI taz | Es sind gute Nachrichten: Als eines der ersten afrikanischen Länder wird Ruanda die wegen der Coronapandemie verhängte Ausgangssperre ab Montag lockern. „Der Kampf ist nicht vorbei“, merkte Ruandas Präsident Paul Kagame allerdings an und rief alle Ruander auf, „weiter aufmerksam zu sein, die Gesundheitsrichtlinien einzuhalten.“

Doch immerhin: Das Gröbste scheint überstanden. Laut Angaben des Gesundheitsministerium verzeichnet das Land insgesamt 243 positive Covid-19-Fälle. Unter diesen gab es keinen einzigen ernsthaften Fall, die meisten Patienten waren sogar asymptomatisch. Davon sind 104 bereits wieder geheilt und aus den Behandlungszentren entlassen. 139 Patienten blieben weiter in Behandlung. Es gab keine Toten.

Seit knapp einer Woche verzeichnen die Gesundheitsbehörden keine Ansteckungen mehr innerhalb des Landes. Die einzigen positiven Covid-19-Fälle wurden an den Grenzposten zum Nachbarland Tansania verzeichnet: Fast alle waren Lastwagenfahrer oder deren Beifahrer.

In Tansania, wo keine systematische Ausgangssperre implementiert wurde und Präsident John Magufuli zu Massengebeten aufgerufen hatte, steigen die Fälle dagegen exponentiell an. Dort verzeichnete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Donnerstag 480 positive Fälle, davon 180 innerhalb eines Tages.

Grenzen bleiben geschlossen

Für Ruanda bedeutet dies: Die Grenzen bleiben weiterhin geschlossen. Lastwagenfahrer, die Güter vom tansanischen Containerhafen in Daressalam anliefern, müssen an der Grenze aussteigen, die LKW werden desinfiziert und ein ruandischer Fahrer übernimmt.

Weiter bleibt die Ausgangssperre über Nacht bestehen, auch Überlandfahrten von der Hauptstadt Kigali bis in die Provinzen bleiben vorerst untersagt. Kirchen, Bars und Sporteinrichtungen bleiben geschlossen. Massenveranstaltungen sind nach wie vor verboten. Am schlimmsten trifft es die Kinder: Alle Schulen landesweit bleiben bis nach dem Sommerferien, also bis September, geschlossen. Die Regierung kündigte an, in zwei Wochen die Maßnahmen zu prüfen.

Es war für die Regierung offenbar keine leichte Entscheidung. Die Kabinettsitzung am Donnerstag unter Vorsitz von Präsident Kagame ging bis in die späten Abendstunden. Doch Ruanda stand enorm unter Druck, denn das Land verfügt selbst nicht über viele Nahrungsmittel und ein Großteil der Bevölkerung war hungrig.

Die Zahl der bettelnden Straßenkinder hatte sichtbar zugenommen. Kurz bevor die Müllabfuhr kam, wühlten sich in den Mittelklasse-Vorstadtvierteln die armen Kinder durch die Abfallsäcke. In den vergangenen Tagen riefen mehr hungrige Menschen die Corona-Hotline an als Menschen mit verdächtigen Symptomen.

Weniger Fälle als prognostiziert

Kagame erklärte in seiner jüngsten Pressekonferenz, das Land benötige rund eine Milliarde US-Dollar, um die Wirtschaft wieder flott zu bekommen. Besonders die halbstaatliche Fluglinie Rwandair, die einen Monat lang fast gar nicht flog, fuhr enorme Verluste ein. Über zehn Prozent des Bruttosozialproduktes erwirtschaftet Ruanda sonst durch den Tourismus, vor allem der Safari-Tourismus zu den seltenen Berggorillas. Dieser Sektor wird auch in naher Zukunft nicht wieder aufblühen.

Ruanda ist nicht das einzige Land in Afrika, das schrittweise Lockerungen beschließt: In Südafrika wird ab Freitag die Ausgangssperre tagsüber gelockert. Laut WHO wurden auf dem Kontinent rund 36.000 bestätigte Covid-19-Fälle registriert, mit rund 1.600 Toten. Das sind weit weniger als in China, Europa oder den USA – und extrem viel weniger als prognostiziert.

Bill Gates, Microsoft-Gründer und Vorsitzender seiner Stiftung, die sich im Gesundheitssektor in Afrika engagiert, hatte im Februar vor über zehn Millionen Toten auf dem Kontinent gewarnt. Dieses Szenario scheint hoffentlich abgewandt zu sein.

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