Familien in Berlin: Verlierer auf dem Wohnungsmarkt

Der Senat muss mehr Wohnungen bauen und zudem den Anteil der Sozialwohnungen erhöhen, fordert der Familienbeirat.

Ein kind malt einen Regenbogen an eine Fensterscheibe

Glücklich, wer genügend Platz in der Wohnung hat zum Malen Foto: dpa

BERLIN taz | Der rot-rot-grüne Senat behandelt Familienangelegenheiten oft immer noch zu stiefmütterlich. Das kritisierte der Berliner Familienbeirat bei der Vorstellung des Familienberichts 2020 am Freitag. „Alle Senatsverwaltungen müssen Familienpolitik unterstützen – das ist eine Querschnittsaufgabe. Aber noch nicht alle tun das auch“, sagte Karlheinz Nolte, der Vorsitzende des ehrenamtlich tätigen Beirats. Familiensenatorin Sandra Scheeres (SPD), auch zuständig für Bildung, müsse bei ihrer Arbeit mehr Unterstützung erfahren.

Das wichtigste Thema der vergangenen Jahre ist auch das wichtigste Thema in dem Bericht: „Wir brauchen mehr Wohnungsbau für Familien“, sagte Nolte, der viele Jahre für die SPD im Abgeordnetenhaus saß. Diese Aufgabe müsse „höchste Priorität“ haben, heißt es in dem rund 200 Seiten starken Bericht. Denn gerade kinderreiche Familien gehörten infolge der in den vergangenen zehn Jahren stark gestiegenen Mieten zu den Verlierern am Wohnungsmarkt. Das Land müsse in den Wohnungsneubau investieren und den Anteil der Sozialwohnungen erhöhen. Die Bezirke sollten die in Milieuschutzgebieten meist verbotene Zusammenlegung von Wohnungen wieder erlauben: Dies sei oft die einzige Möglichkeit, bei Familienzuwachs in der gewohnten Umgebung bleiben zu können. Denn: „Der wachsende Trend, dass junge Familien aus Berlin und verstärkt aus der Innenstadt wegziehen, ist mit Sorge zu betrachten“, so der Bericht.

Gleichzeitig fordert der Beirat, dessen letzter Bericht vor fünf Jahren erschienen war, den Bau neuer Spielplätze. Auch hier gebe es viel Nachholbedarf, bis der gesetzliche Richtwert von einem Quadratmeter Spielplatzfläche pro Einwohner erreicht wird. Derzeit beträgt diese Fläche berlinweit lediglich 0,6 Quadratmeter; in Charlottenburg-Wilmersdorf und Marzahn-Hellersdorf liegt sie sogar unter 0,5 Quadratmeter pro Einwohner. Die Bezirke seien aber bereits kaum in der Lage, die bestehenden Spielplätze instand zu halten, berichtete Nolte. ­Einen Widerspruch zwischen den Forderungen, mehr Fläche für Wohnungen und gleichzeitig für Kinder zu nutzen, sieht er nicht: Gerade in den 1920er Jahren seien in den großflächigen Innenhöfen der Wohnblöcke große Spielplätze errichtet worden – so könne man auch heute wieder bauen.

Über die Notwendigkeit einer ausreichenden Anzahl von Spielplätzen war erst vor wenigen Wochen eine Diskussion entbrannt, als die Bezirke diese wegen der Coronakrise gesperrt hatten; der Senat hatte nicht dafür plädiert, sie zu schließen.

Sandra Scheeres, Familiensenatorin

„Wir müssen aufs Tempo drücken bei Schulen und Kitas“

Der Bericht des Familienbeirats ist bereits vor der Coronapandemie abgeschlossen worden. Deswegen wird auf die stark veränderte Situation darin nicht eingegangen. Nolte zeigte sich jedoch besorgt: In der wegen der Pandemie entstehenden Wirtschaftskrise – der Finanzsenator geht von einem zusätzlichen Finanzbedarf von 6 Milliarden Euro aus – dürfte auch über die Notwendigkeit einiger Familienhilfen diskutiert werden.

Familiensenatorin Sandra Scheeres geht davon aus, dass zumindest die milliardenschweren Ausbauprogramme für Kitas und Schulen von Einsparungen nicht betroffen sein werden. „Wir müssen aufs Tempo drücken bei den Schulen und Kitas“, sagte sie und versprach, den Bericht „intensiv zu studieren“. Bindend sind die Empfehlungen des 30-köpfigen Gremiums nicht.

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