Nazi-Aufmärsche in Erfurt und Hamburg: Braune Flaute am 1. Mai

Am Tag der Arbeit wollten auch Rechtsextreme auf die Straße gehen – das Coronavirus verhindert das allerdings. In Hamburg klagen die Neonazis noch.

Rechtsextreme demonstrieren in Chemnitz auf der Straße

Die Corona-Pandemie verhindert Nazidemos am 1. Mai Foto: Jan Woitas/dpa

BERLIN taz | Es könnte der deprimierendste 1. Mai für die rechtsextreme Szene seit Langem werden. Versammelten sich Neonazis in den vergangenen Jahren an diesem Tag traditionell zu größeren Aufmärschen, fällt dies in diesem Jahr flach – wegen der Corona-Pandemie.

Eigentlich wollte die Szene auch diesmal mit zwei größeren Demonstrationen am 1. Mai aufwarten: in Erfurt und Hamburg. Nach Hamburg hatte die rechtsextreme Splitterpartei „Die Rechte“ um die langjährigen Szenekader Christian Worch und Thomas Wulff mobilisiert. Als Redner sollte auch der Thüringer NPD-Kader Thorsten Heise auftreten. Mit 400 Neonazis plante Anmelder Worch.

Mit Verweis auf die Corona-Verordnungen genehmigte Hamburg jedoch nur eine Kundgebung von 25 Neonazis. Vor wenigen Tagen wurde auch diese verboten – weil wegen des erwarteten großen Gegenprotests der Infektionsschutz nicht mehr einzuhalten sei. Eine erste Klage von Worch dagegen blieb erfolglos: Am Donnerstag bestätigte das Verwaltungsgericht das Verbot.

Nach taz-Informationen reichte Worch aber noch am Abend Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein. Seine Partei will, wenn nötig, bis vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) hatte wiederum bekundet, er wolle das Verbot ebenfalls durch alle Gerichtsinstanzen durchsetzen.

Der „III. Weg“ gibt Kundgebung auf

In Erfurt haben die Rechtsextremen bereits aufgegeben. Dort wollte die Neonazi-Partei „Der III. Weg“ am 1. Mai mit mehreren hundert Anhängern aufmarschieren, mit Startpunkt nahe der jüdischen Synagoge. Genehmigt wurde aber nur eine Kundgebung für 50 Teilnehmer – die derzeit zulässige Höchstgrenze für Versammlungen in Thüringen. Dazu erteilte die Stadt Auflagen, laut Veranstaltern etwa die Vorlage von Namenslisten der TeilnehmerInnen. Die Rechtsextremen beklagten, man lasse sich „nicht zu Knechten dieses Systems machen“ und sagten ihren Aufzug darauf ab. Angekündigt ist nun eine Demonstration am 3. Oktober in „Mitteldeutschland“.

Gleichzeitig ruft „Der III. Weg“ AnhängerInnen auf, am 1. Mai dennoch aktiv zu werden – mit „bundesweiten Aktionen“. Wie viel dabei zustande kommt, bleibt abzuwarten. Dennoch ist es durchaus denkbar, dass Rechtsextreme mit kleineren öffentlichkeitswirksamen Aktionen Aufmerksamkeit suchen werden.

Dazu kommt als Neuzugang im rechtsextremen Spektrum die AfD, die seit neuestem teils vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Der Thüringer AfD-Landesverband um Björn Höcke wollte in Erfurt am 1. Mai demonstrieren. Angemeldet waren dafür 1.000 TeilnehmerInnen. Die Stadt untersagte die Versammlung aber mit Verweis auf den Infektionsschutz. Höckes AfD teilte darauf mit, man plane eine Demonstration mit dem Titel „Den Ausnahmezustand beenden“, mit etwa 1.000 TeilnehmerInnen – und wolle dies auch gerichtlich durchsetzen.

Dass eine solche Demonstration noch zum 1. Mai erlaubt wird, ist aussichtslos. Die AfD scheint aber ohnehin nur auf einen juristischen Punktsieg zu hoffen: Man wolle die Untersagung der 1. Mai-Demo „als Chance nutzen, die Verfassungswidrigkeit der Maßnahmen gerichtlich festzustellen“, heißt es in einer Erklärung.

Gänzlich abgeschrieben ist die NPD, die sich seit Jahren in der Dauerkrise befindet. Während nur der Hamburger Landesverband für den 1. Mai zur Demo der „Rechten“ mobilisiert hatte, ruft ansonsten einzig noch der sächsische Landesverband zu einer virtuellen Kundgebung auf, via Facebook. Mehr Aufmerksamkeit hätte wohl eine geplante Kundgebung des sächsischen NPD-Manns Stefan Hartung zusammen mit Pro Chemnitz in Aue erreicht. Auch diese aber wurde untersagt. Laut Hartung wurde nun eine Ersatzkundgebung von einem Mitstreiter angemeldet. Ob diese stattfinden darf, will das Landratsamt im Laufe des Donnerstags klären.

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