Missstände in der Fleischindustrie: Nicht konkurrenzfähig? Und tschüss

Die Fleischindustrie zeigt: Wenn ein Geschäftsmodell auf Ausbeutung gründet, dann muss es eben verschwinden.

Männer stehen in einem Schlachthof und zerlegen Schweine

Die Fleischindustrie ist für Dumpinglöhne berüchtigt Foto: imago

Die Beschäftigten in der Fleischindustrie werden gnadenlos ausgebeutet. Offiziell erhalten sie zwar den Mindestlohn, aber oft werden unbezahlte Überstunden verlangt – oder ein Teil des Gehalts wird gleich wieder abgezogen. So gehört es zu den Tricks der Subunternehmer, gleichzeitig auch die Unterkünfte zu vermieten, in denen ihre meist ausländischen Angestellten hausen. Für ein Zweibettzimmer sind da schnell 250 Euro pro Kopf fällig, wie die zuständige Gewerkschaft NGG beobachtet hat.

Es blieb nicht folgenlos, dass die deutschen Löhne so niedrig sind: Die Bundesrepublik hat sich zur Schlachtbank Europas entwickelt. Fast 60 Millionen Tiere werden hier jedes Jahr geschlachtet – und da sind die Hühner oder Puten noch gar nicht eingerechnet.

Die Dumpinglöhne werden gern damit verteidigt, dass die deutsche Fleischindustrie sonst nicht konkurrenzfähig sei. Vielleicht stimmt das sogar. Genau beurteilen kann das niemand, denn die Firmenverschachtelungen rund um die Schlachthöfe sind außerordentlich undurchsichtig.

Der zentrale Punkt ist aber: Beim Mindestlohn darf es keine Ausnahmen geben. Deswegen heißt er ja Mindestlohn. Wenn Branchen nicht mehr konkurrenzfähig sind, sobald sie auf die Ausbeutung ihrer Beschäftigten verzichten – dann müssen sie leider verschwinden.

Auch die Textilindustrie verschwand einst

Die Textilindustrie ist ein gutes Vergleichsbeispiel: Einst waren die Bekleidungsfirmen der wichtigste Industriezweig der Bundesrepublik, sogar wichtiger als der Kohlebergbau. Doch spätestens in den 1970er Jahren war es damit vorbei, weil andere Weltregionen billiger waren. Heute stammen viele T-Shirts aus Bangladesch oder auch aus der Türkei. Niemand würde jedoch fordern, dass Beschäftigte in Deutschland so wenig wie in Bangladesch verdienen sollen, damit es hier wieder eine T-Shirt-Industrie geben kann.

Oder anders gesagt: Der Exportüberschuss von Deutschland ist schon groß genug. Da müssen wir nicht auch noch geschlachtete Schweine ausführen, wenn dies verlangt, dass Beschäftigte ausgebeutet werden.

Es wäre jedenfalls einfach, die Missstände in der Fleischindustrie zu beenden. Entscheidend wäre, dass die Schlachthöfe keine Subunternehmer mehr beschäftigen dürfen – sondern für ihre Beschäftigten direkt verantwortlich sind. Dann ließe sich bei jeder Betriebskontrolle sehr schnell erkennen, ob die Mindestlöhne gezahlt werden.

Die Bundesregierung müsste nur zwei Paragrafen im BGB ändern, um das Subunternehmertum zu beenden. Doch bisher will die Politik vor allem die Arbeitsschutzbehörden häufiger vorbeischicken. Das ist nicht falsch, aber zu wenig.

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