Streit um Hamburger Schulöffnungen: Sofaschule geht weiter

Schulleiter kritisieren Konzept des Senats. Kinder mit Vorerkrankungen oder Familienmitgliedern aus Risikogruppen drohen durchs Raster zu fallen.

Lesender Schüler in seinem Zimmer

Entspannt oder kurz vorm Durchdrehen? Schüler im Home-schooling Foto: Ralph Lueger/imago

HAMBURG taz | An einen geregelten Schulbetrieb ist bis zu den Sommerferien nicht zu denken. Das erklärte Schulsenator Ties Rabe (SPD) vor einigen Tagen und fügte sogleich hinzu: Auch nach den Sommerferien werde der Unterricht zu Hause für viele SchülerInnen „ein großer Bestandteil“ ihrer Beschulung bleiben. Tageweiser Unterricht am Schulstandort sei aber sicher möglich. Auch nach der teilweisen Öffnung der Schulen für wenige Klassenstufen ist damit ein normaler Schulbetrieb bis auf Weiteres nicht in Sicht.

Vielen Eltern, die durch die Permanent-Betreuung ihrer Kinder nebst Homeoffice überfordert sind, geht die Öffnung deutlich zu langsam, anderen Eltern und vor allem vielen SchulleiterInnen aber deutlich zu schnell. Am Montag kritisierten die Schulleitungen der Gymnasien die Rabe-Pläne in einem mehrseitigen Brandbrief.

Dass die Prüfungsjahrgänge in geteilten Klassen – und damit mit deutlich mehr Personal – wieder beschult würden, die LehrerInnen gleichzeitig aber für die anderen SchülerInnen Online-Unterricht vorbereiten müssten, treibe diese an den „Rand ihrer Kräfte“. Statt vor allem die Prüfungsjahrgänge zurück in die Schulen zu holen, wie Rabe es verordnet hat, sei es zudem viel wichtiger, in Klassenzimmern SchülerInnen zu beschulen, die durch ihre familiäre und soziale Situation benachteiligt seien.

Die Vereinigung der Leitungen Hamburger Gymnasien und Studienseminare wirft Rabe außerdem „praxisferne und überfordernde Rahmensetzungen für den Präferenzunterricht“ vor. Die Schulbehörde wies die Kritik als „überzogen“ zurück.

RektorInnen werfen Schulsenator Praxisferne vor

Immerhin ist nun klarer, wie es um die Schulpflicht der SchülerInnen steht, die selbst oder deren Angehörige zu einer Risikogruppe gehören. In einem Schreiben der Schulbehörde an die Schulen heißt es: „Kinder und Jugendliche mit einschlägigen Vorerkrankungen müssen nicht in die Schule.“

SchülerInnen sollen auf Antrag von der Teilnahme am Präsenzunterricht befreit werden können, wenn sie zwar gesund sind, aber in häuslicher Gemeinschaft mit Personen leben, die durch eine Infektion besonders gefährdet wären.

Allerdings sei, so die Schulbehörde, „das Vorliegen der Vorerkrankung“ oder einer „besonderen Gefährdung glaubhaft zu machen“. So verlangt die Behörde von den AntragstellerInnen etwa einen Schwerbehinderten-, einen Transplantationsausweis oder aber „eine glaubhafte schriftliche Erklärung zum Grund der Gefährdung“.

Die Frage der Schulpflicht für SchülerInnen mit Vorerkrankungen ist nun geregelt

Die betroffenen SchülerInnen könnten zunächst bis zum Ende des Schuljahres 2019/20 zu Hause bleiben und am Fernunterricht teilnehmen. Doch ob es den überhaupt gibt, ist mehr als fraglich. Denn die LehrerInnen, die nun die wegen des Abstandsgebotes geteilten Prüfungsklassen in doppelter Personalstärke unterrichten müssen, werden kaum noch die Kapazität haben, für einzelne SchülerInnen, die zu Hause bleiben müssen, ein digitales Lernprogramm zu entwerfen.

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