Volksbegehren in Bayern: Neue Hürde für Mietenstopp

Das Innenministerium hat das Volksbegehren „6 Jahre Mietenstopp“ abgelehnt. Minister Herrmann (CSU) verweist es nun an den Verfassungsgerichtshof.

Demonstration vor dem bayerischen Innenministerium mit Banner "CSU lass es zu"

Der Wunsch auf dem Banner bei einer Demo Anfang März geht wohl nicht in Erfüllung Foto: dpa

MÜNCHEN taz | Genau 51.983 Unterschriften hat das Volksbegehren „#6 Jahre Mietenstopp“ in Bayern bis Anfang Februar gesammelt, um einen Schutz vor Mieterhöhungen durchzusetzen und die in die Höhe schießenden Preise auf die Mietmarkt einzudämmen. Nun hat das bayerische Innenministerium reagiert und der Initiative eine neue Hürde in den Weg gelegt: Das Haus von Minister Joachim Herrmann (CSU) vertritt die Auffassung, dass die Vorgaben für ein Volksbegehren und einen möglichen späteren Volksentscheid nicht gegeben sind.

Deshalb wurde der Antrag zur Entscheidung an das oberste bayerische Gericht weitergeleitet, den Verfassungsgerichtshof. Begründet wird dies in einer Mitteilung so: „Dem Landesgesetzgeber fehlt für ein solches Gesetzgebungsvorhaben die erforderliche Gesetzgebungskompetenz, die insoweit beim Bund liegt.“ Das bedeutet: Mietrecht ist Bundes- und nicht Ländersache.

Initiiert wurde das Volksbegehren im vergangenen Herbst von einem Bündnis, das wesentlich vom Mieterverein, der Bayern-SPD und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) getragen wird. Forderungen sind der Stopp von Mieterhöhungen für sechs Jahre. „Das sind zwei Mieterhöhungsperioden“, sagt die Mietervereins-Vorsitzende Beatrix Zurek, die zugleich bei der Landeshauptstadt München für Schulpolitik zuständig ist. „Damit soll es eine Verschnaufpause geben, in der der Wohnungsbau angekurbelt werden muss.“ Weiter soll bei Wiedervermietung und Modernisierung maximal nur die örtliche Vergleichsmiete verlangt werden dürfen.

Vermieter:innen, die ihre Immobilien ohnehin bereits günstig vermieten, erhalten einen Spielraum und dürfen Mieten auf bis zu 80 Prozent der ortsüblichen Preise erhöhen, so der Plan des Volksbegehrens. Ausgenommen werden Mieten in Neubauten – „Investitionen sollen nicht gebremst werden“, so der Mieterverein.

Ist das Land oder der Bund zuständig?

„Ein sicheres Dach über dem Kopf ist in Corona-Zeiten wichtiger denn je“, meint das Bündnis und kritisiert das Innenministerium. Denn dieses hätte das Volksbegehren auch zulassen können. Der Kampagnenleiter Matthias Weinzierl sagt: „Die Corona-Krise wird das Mietenproblem in Bayern massiv verstärken, wenn Menschen geringere Einkommen etwa durch Kurzarbeit haben.“ Komme dann noch eine Mieterhöhung hinzu, werde die Situation für die Betroffenen dramatisch.

Die spannende Frage ist, inwieweit in diesem Fall nicht nur Bundes-, sondern auch Landesrecht gilt. Da ist die Gemengelage ähnlich wie in Berlin beim Mietendeckel: Verfassungsklagen gegen das vom Senat beschlossene Gesetz stehen dort unmittelbar bevor. In Bayern ist es nur insofern anders, als dass die Gesetzesinitiative vom Volk kommt gegen die Haltung der Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern.

Wie die Gerichte entscheiden, ist völlig offen. Diese Rechtsunsicherheit war auch, so ist zu hören, der entscheidende Grund, warum die Grünen im Freistaat als größte Oppositionspartei dem Volksbegehren erst sehr spät beigetreten sind – und nur als Unterstützer, nicht als Akteure. Man hatte und hat Angst, sich vor dem obersten Gericht eine blutige Nase zu holen, wie es 2018 den Grünen schon beim Volksbegehren gegen den Flächenfraß widerfahren ist.

Nach Meinung der Gegner wie dem bayerischen Justizminister Georg Eisenreich (CSU) greift ein Mietenstopp unzulässig in die Vertragsfreiheit zwischen Mieter:innen und Vermieter:innen ein. Der Bielefelder Jura-Professor Franz Mayer ist Kronzeuge des Volksbegehrens. Er sagt: „Das Land darf grundsätzlich Gesetze machen, wenn nichts aus der Bundesverfassung dagegen spricht.“ In diesem Fall wäre aus seiner Sicht ein Landesgesetz legitim. Er kritisiert, dass ausgerechnet die bayerische Staatsregierung, die den Föderalismus sonst immer sehr groß schreibe, nun so „hasenfüßig“ vorgeht. Innerhalb von drei Monaten muss nun der Verfassungsgerichtshof entscheiden, also bis Mitte Juli.

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