Prinzessinnengärten bedroht: Blutgrätsche gegen das Kompostklo

Umweltstadtrat versus Urban Gardening: Ein Ex-AfD-Stadtrat geht gegen einen Gemeinschaftsgarten in Berlin-Neukölln vor.

Ein Mann mit Bart und Mütze steht vor zwei Hochbeeten. Im Hintergrund sind Natur und ein Holzhaus zu sehen und

Robert Shaw und Mitstreiter:innen vom Gemeinschaftsgarten in Neukölln fühlen sich schikaniert Foto: dpa

BERLIN taz | Für Menschen ohne Balkon, Kleingarten oder viel Platz ist der Friedhof St. Jacobi II am südlichen Ende der Hermannstraße nicht erst seit der Pandemie ein Refugium der Natur und Stille. Während Spaziergänger:innen auf dem Tempelhofer Feld und in der Hasenheide von Radler:innen, Jogger:innen und ungebetenen Hobbymusiker:innen physisch an den Rand gedrängt werden, ist man auf der Neuköllner Friedhofsfläche weitgehend allein.

Der Ort ist insbesondere jetzt ein Geheimtipp, wenn man unter Einhaltung von Mindestabstand spazieren gehen will oder – je nach geltender Rechtslage – heimlich ein Buch im Freien lesen möchte. Für Kinder ist das verwunschene Unterholz dank Büschen, Bäumen und Erdhügeln besser, als es ein gesperrter Spielplatz je sein könnte.

Im vergangenen Jahr hat sich das Gemeinschaftsgarten-Kollektiv Nomadisch Grün von den Prinzessinnengärten hier niedergelassen. Seitdem gibt es hier auch auch Hochbeete, ein Feld mit Kohl, eine Komposttoillete, Unterstände für Gartengeräte und ein paar Dinge mehr, die für alle zugänglich sind. Mitgärtnern und vor allem ernten darf ausdrücklich jede:r.

Laut Kollektiv gibt es einen fünfjährigen Pachtvertrag mit der evangelischen Friedhofsverwaltung, der sich automatisch verlängert – mit 30-jähriger Perspektive. Ein Glücksfall für Anwohner:innen und die Garantie, dass die Naturfläche auf lange Sicht erhalten bleibt.

Teures Kompostklo

Umso erstaunlicher also, dass ein Umweltstadtrat jetzt zur Blutgrätsche gegen den Gemeinschaftsgarten ansetzt: Bernward Eberenz (gewählt für die AfD, aber übergelaufen zur CDU) sieht in Unterständen und Bauwägen, Hochbeeten und nicht zuletzt einer Komposttoilette aus Holz unzulässige Eingriffe in den Landschaftsplan von 1993. Deswegen erließ das Umweltamt Neukölln Rückbauanordnungen für weite Teile der Infrastruktur des Gemeinschaftsgartens – unter Androhung einer Strafe von 30.000 Euro.

Die Gemeinschaftsgärtner sprechen von Schikanen. Dauernd schicke der umtriebige Ex-AfDler mit fadenscheinigen Begründungen Abmahnungen. Eberenz wiederum behauptet, das Gartenkollektiv hielte sich nicht an Abmachungen und gefährde schützenswerte Biotope.

Welche Position in Neukölln mehr Zuspruch hat, zeigt eine vom Gemeinschaftsgarten gestartete Petition, die binnen kürzester Zeit fast schon 5.000 Unterschriften hat. Die Friedhofsverwaltung hat Widerspruch gegen die Anordnung eingelegt. Wenn diese scheitert, will der Verband klagen.

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