Leben in Corona-Krise: Madame Michelle in Quarantäne

Für häusliche Personen bedeutet das Leben in den eigenen vier Wänden keine große Veränderung – wenn da nicht die Bürokratie wäre und die Arztbesuche.

Ein menschliches Skelett steht auf einem Balkon

Drinbleiben ist angesagt, aber Balkon ist noch ok Foto: Patrick Pleul/dpa

Nach den Warnungen der Behörden bin ich in die Selbstisolation gegangen. Ich gehe nicht nach draußen, wenn es nicht notwendig ist. Zum Glück konnte ich mein Problem mit dem eingefrorenen Konto, von dem ich in meiner letzten Kolumne berichtet habe, dank der Solidarität einiger Menschen lösen. Deshalb konnte ich meine Grundbedürfnisse abdecken und die Dinge besorgen, die ich zum Leben brauche. Dadurch, dass mein Telefon, Internet und Fernsehen wieder freigeschaltet wurde, kann ich nun auch die neuesten Entwicklungen verfolgen.

Für mich bedeuten die Tage in Quarantäne keine große Veränderung. Ich bin eine häusliche Person, ich mag es, zu Hause zu sein. Aber dieser erzwungene Zustand ist auf jeden Fall ein bisschen anders. Mein größtes Problem in Zeiten der Quarantäne ist die Sprachbarriere. Ich muss jetzt alle offiziellen Geschäfte online erledigen. Hier mein E-Mail-Verkehr mit dem Jobcenter, dort meine Versuche, mich für einen Sprachkurs anzumelden... Alles kommt zusammen. Es sind wohl die wichtigsten Tage meines Lebens – und zugleich Tage voller Albträume.

Heute ist meine Krankenversichertenkarte gekommen. Ich bin so glücklich, meine Mundwinkel kleben seit heute Morgen an den Ohren vor Freude. Seit Tagen habe ich mir wegen meines Bluthochdrucks Sorgen gemacht. Was mache ich, wenn meine Medikamente in fünf Wochen alle sind? Wo muss ich im Notfall anrufen? Solche Fragen werden für mich zum Problem.

Mit meinem Hausarzt ist es auch so eine Sache. Auf der Suche nach einer Praxis, in der Türkisch gesprochen wird, bin ich in Neukölln gelandet, eine ganz schöne Strecke von meiner Wohnung in Weißensee. Für gewöhnlich geht in der Praxis niemand ans Telefon. Also muss ich durch die halbe Stadt fahren, um meinen Arzt zu sehen, auf die Gefahr hin, dass ich ohne Termin nicht drankomme. Ich glaube, ich muss mir einen neuen Hausarzt bei mir in der Nähe suchen. Es sieht so aus, als dauere es noch ein bisschen, bis alles seinen Weg geht.

Waschen und Lüften

„Madame Michelle, Ihnen wurde die Möglichkeit gegeben, ein neues und sicheres Leben anzufangen. Ein paar Probleme wird es immer geben. Nun kommen Sie klar damit.“ Ja, ich habe angefangen, mit mir selbst zu sprechen. Willkommen in den Quarantäne-Zeiten. Wer sich fragt, wie ich meine Tage in der Quarantäne verbringe: Ich putze viel mit reichlich Putzmittel. Ich wasche meine Wäsche bei 60 Grad. Ich lüfte mindestens eine Stunde. Ich wasche mir oft die Hände. Das Wichtigste ist aber, dass ich zu Hause bleibe und nicht rausgehe, wenn ich nicht muss.

Liebe Leser*innen, nehmen Sie die Anordnungen der Behörden ernst und befolgen Sie sie bitte. Verlassen Sie nicht die Wohnung, wenn Sie nicht müssen. Wenn Sie rausmüssen, vergessen Sie nicht den Sicherheitsabstand. Mindestens 1,5 Meter. Wenn diese Tage vorbei sind, wird nichts so sein, wie es einmal war. Eine neue Zeit und ein neues Leben wartet auf uns. Ich wünsche Ihnen allen Gesundheit.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.