Initiativen in Corona-Zeiten: Masken für Armenien

Familie Abrahamjan näht täglich Tausende Schutzmasken – und verteilt sie gratis an alle. Organisiert hat das ein 35-jähriger Taxifahrer.

Zwei Männer schauen in die Kamera.

Armen und Khatchatur Abrahamjan sammeln Stoff und verteilen Masken. Kostenlos. Foto: privat

„Mundschutzmasken nähen während der Coronavirus-Pandemie ist fast, wie wenn man Kugeln in Kriegszeiten herstellt.“ So lautet das Motto der Familie Abrahamjan, die seit einer Woche Schutzmasken produziert und kostenlos an die armenische Bevölkerung verteilt.

Zu Hause bei der Familie in der Stadt Etschmiadsin, etwa 20 Kilometer von der Hauptstadt Jerewan entfernt, sitzen Frauen rund um die Uhr an ihren Nähmaschinen. „Um neun Uhr morgens beginnt die Näharbeit mit einer Tasse Kaffee für alle“, sagt Khatschatur Abrahamjan und zeigt auf seinem Handy sein Wohnzimmer.

Dort arbeiten seine Mutter, seine Frau, die Frau seines Bruders und einige Nachbarn. Sie sind die erste freiwillige Gruppe, die eine derartige Initiative ins Leben gerufen hat – kurz bevor die armenische Regierung am 16. März den Ausnahmezustand erklärte.

Aktuell sind 265 Menschen mit dem Coronavirus in Armenien, einem Land mit knapp drei Millionen Einwohnern, infiziert. Viele Patienten haben sich auf einer Verlobungsfeier in der Stadt angesteckt.

Menschen nähen Mundschutzmasken.

Hier werden die Msken von HerlferInnen genäht Foto: privat

„Die Menschen wollten es erst nicht glauben“

Khatchatur Abrahamjan ist 35 Jahre alt. Er ist Automechaniker und fährt Taxi. Doch jetzt kauft und transportiert er Stoffe und verteilt die fertigen Masken. „Am Anfang der Epidemie gab es in den Apotheken in Armenien keine Gesichtsmasken. Als die ersten auftauchten, wurden sie für je 1.000 armenische Dram (2 Euro) verkauft – mehr als das 50-fache des üblichen Preises. Einige verrückte Leute haben sogar 10 Euro dafür bezahlt“, sagt er.

Vor einer Woche wandte sich sein ein Jahr jüngerer Bruder Armen in einem Video an seine Mitbürger. Er brauche Freiwillige und Material. Nach nur kurzer Zeit meldeten sich 30 Helfer.

Zurzeit produzieren sie 4000 Masken pro Tag. Nach ihrer Fertigstellung werden die Masken in den lokalen Krankenhäusern sterilisiert und dann verteilt. „Wir wollen den Menschen helfen, Masken zu bekommen, ohne dafür zu bezahlen“, sagt Khatschatur Abrahamjan.

Am Anfang wollten die Menschen nicht glauben, dass die Masken kostenlos seien, erzählt Abrahamjan. Heute sei fast die ganze Stadt versorgt. „Die Leute rufen an, stehen vor der Tür. Das freut uns sehr“, sagt er.

Hilfe von Auslandsarmeniern

Auch die lokalen Klinken sind ausgestattet. Die Brüder Abrahamjan liefern ihre Masken vor allem an medizinische Einrichtungen, die sie am dringendsten brauchen. Doch sie verteilen sie auch an Militäreinheiten und Verkehrspolizisten, die während des Ausnahmezustandes arbeiten. Und das kostenlos.

Vor allem dank der Frauen, die sich in einem kleinen Speiseraum die Finger wund und bis zur Erschöpfung nähen. So beengt wird es bleiben. Wegen der Sicherheitsmaßnahmen will die Familie nicht in eine größere Werkstatt umziehen. Einige Nachbarn haben ihre Wohnzimmer zur Verfügung gestellt. „Es ist besser für uns alle, dass wir in kleinen Gruppen verteilt arbeiten, damit auch wir das Risiko für eine mögliche Infektion vermeiden können“, sagt Khatschatur Abrahamjan.

Auch einige Armenier aus dem Ausland spenden für die Aktion. „In diesen schwierigen Zeiten sind wir vereint. Und wir haben genug Kraft, um diese Herausforderung zu meistern“, sagt Abrahamjan.

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