Einreiseverbot für Erntehelfer wegen Corona

Damit sich weniger Menschen mit dem Virus infizieren, schließt Deutschland die Grenzen für die rund 300.000 Saisonarbeiter in der Landwirtschaft. Spargel dürfte teurer werden

Eine Knochenarbeit, die schlecht bezahlt wird: Erntehelfer stechen die ersten Spargelstangen auf einem Feld in Niedersachsen Foto: Peter Steffen/dpa

Von Jost Maurin

Wegen der Coronapandemie dürfen osteuropäische Erntehelfer und andere Saisonarbeitskräfte der Landwirtschaft nicht mehr nach Deutschland einreisen. „Die neuen Einreisebeschränkungen für Saisonarbeiter gelten ab Mittwoch 17 Uhr und gelten bis auf weiteres“, teilte das Bundesinnenministerium der taz mit. Es begründete die Maßnahme mit der großen Zahl Personen, die andernfalls kommen würden, obwohl soziale Kontakte reduziert werden sollten, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen. Wegen der Maßnahme könnte das Angebot beispielsweise von Spargel sinken, die Preise steigen.

Zwar waren laut Statistischem Bundesamt 2016 nur 286.000 der 940.000 Arbeitskräfte in der deutschen Landwirtschaft saisonweise – also bis 6 Monate – beschäftigt. Doch gerade „Sonderkulturen“ wie Spargel oder Erdbeeren werden größtenteils von Saisonkräften aus Rumänien oder Polen geerntet. Bei dem Job werden für vergleichsweise geringe Löhne körperlich anstrengende Tätigkeiten erledigt. Meist wird nur der Branchenmindestlohn in Höhe von 9,35 Euro brutto gezahlt, von dem oft auch noch etwas für die Unterkunft abgezogen wird.

„Die Grundversorgung mit Lebensmitteln ist auch ohne Saisonarbeitskräfte weitgehend gesichert“, sagte Sebastian Lakner, Professor für Agrarökonomie an der Universität Rostock, der taz. Rund 55 Prozent der Kulturen auf Ackerflächen in Deutschland seien bereits im Herbst ausgesät worden. „Grundnahrungsmittel wie Getreide, Kartoffeln werden vor allem maschinell geerntet“, ergänzte das Bundesagrarministerium. „Der Selbstversorgungsgrad in Deutschland liegt hier bei über 100 Prozent, genauso wie etwa bei Schweinefleisch, Käse und weiteren wichtigen Erzeugnissen.“

Engpässe könnte es Lakner zufolge vor allem bei der Spargel- und danach der Erdbeerente sowie im Gemüse- und Obstanbau geben. Da die Produktion auch in Südeuropa wegen Corona unter Druck gerät, könnten die Importe beispielsweise aus Spanien sinken.

„Das Einreiseverbot für unsere Saisonarbeitskräfte trifft unsere Betriebe in der jetzigen Phase sehr hart“, sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. „Dieser Einreisestopp muss so kurz wie möglich gehalten werden. Unsere Betriebe sind bereit, jegliche Maßnahmen zum Infektionsschutz umzusetzen.“

Rukwied forderte Erleichterungen, „um Menschen in und aus Deutschland beschäftigen zu können“. Die bisherigen Lockerungen der Hinzuverdienstmöglichkeiten unter anderem für Bezieher von Kurzarbeitergeld reichten nun nicht mehr aus. Er verlangte, auch die Höchstbeträge für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu erhöhen, für die weniger Sozialabgaben fällig werden.

„Das hilft ja jetzt auch nicht, alle möglichen Leute in eine geringfügige Beschäftigung zu treiben“, antwortete Harald Schaum, Vize-Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt. Stattdessen sollten die Arbeitgeber die Löhne erhöhen. „Würden die Löhne für Saisonarbeit über dem gesetzlichen Mindestlohn sein, würde man mehr Beschäftigte aus dem Inland bekommen“, sagte Schaum der taz. Betriebe, die bereits bessere Bedingungen anbieten, bewiesen das. Etwas höhere Löhne würden die Preise nur wenig steigern.

Das Agrarministerium will nun branchenfremde Arbeitskräfte im Inland gewinnen. Bis Dienstagabend hätten 15.000 Menschen auf der vom Ministerium unterstützten Job-Vermittlungsplattform daslandhilft.de ihre Unterstützung angeboten. Man spreche zudem derzeit mit dem Innenministerium darüber, Asylbewerbern ohne Arbeitserlaubnis eine Saisontätigkeit in der Landwirtschaft zu ermöglichen.