Kaderkarussell in der Ukraine: Der Generalstaatsanwalt ist weg

Das Parlament spricht Ruslan Rjaboschapka das Misstrauen aus: Zu wenig Ergebnisse, heißt es offiziell. Doch es geht wohl um mangelnde Loyalität.

Ruslan Rjaboschapka vor einer ukrainischen Flagge.

Muss abtreten: der ukrainische Generalstaatsanwalt Ruslan Rjaboschapka Foto: imago-images/Pavlo Goncha

KIEW taz | Nach der Regierungsumbildung in dieser Woche hat am Donnerstag eine Mehrheit von 263 Abgeordneten des ukrainischen Parlaments dem als prowestlich geltenden Generalstaatsanwalt Ruslan Rjaboschapka das Mißtrauen ausgesprochen. Da 44 Abgeordnete der Regierungspartei „Diener des Volkes“ nicht an der Abstimmung teilgenommen hatten oder gegen den Antrag stimmten, war man bei der Entlassung des Generalstaatsanwaltes auch auf die Stimmen der prorussischen „Oppositionsplattform für das Leben“ und anderer Abgeordnetengruppen angewiesen.

Rjaboschapka, so Präsident Wolodimir Selenski, sei zwar ein guter Fachmann, doch er „bringt keine Ergebnisse“. Personen, die keine Ergebnisse brächten, zitiert das Internet-Portal inforesist.org den Präsidenten, müsse man eben auswechseln.

Das Internetprotal „Ukrainska Prawda“ und David Arachamia, Fraktionschef der „Diener des Volkes“, vermuten, dass ein Grund der Entlassung von Rjaboschapka dessen Weigerung sein könnte, Ermittlungen gegen den früheren Präsidenten Petro Poroschenko einzuleiten.

Rjaboschapka selbst bestritt in einem Redebeitrag auf der Parlamentssitzung, dass man ihn zu Ermittlungen gegen Poroschenko habe zwingen wollen. Kurz vor der Abstimmung stellte sich der Vater der 2018 ermordeten Jungpolitikerin Katja Handsjuk hinter Rjaboschapka. Dessen Ermittlungen hätten ihm Hoffnung gemacht, dass die Mörder seiner Tochter zur Verantwortung gezogen würden.

Mangelnde Loyalität

Nach der Rede von Rjaboschapka am Donnerstag in der Rada drängt sich der Verdacht auf, dass der Mann, den Wolodimir Selenski noch in seinem Telefonat im Sommer 2019 mit Donald Trump als „zu 100 Prozent mein Mann“ bezeichnet hatte, weniger wegen fehlender Ergebnisse als vielmehr mangelnder Loyalität entlassen wurde.

In seiner Amtszeit, so Rjaboschapka, seien 729 Staatsanwälte entlassen, sieben Polizeibeamte wegen Folter verurteilt, über 3000 Ermittlungen wegen illegalen Holzfällens eingeleitet worden sowie 60 Personen deswegen zur Verantwortung gezogen worden. 1200 Verfahren wegen Korruption seien eingeleitet worden, 900 Personen warteten deswegen auf eine Gerichtsverhandlung.

„Einen unabhängigen Staatsanwalt“ so Rjaboschapka am Ende seiner Rede, „kann man zu nichts zwingen. Man kann ihn nur entlassen.“ Offensichtlich haben die „Diener des Volkes“ schon einen Nachfolger auserkoren. Seine Fraktion werde für Serhij Ionuschas stimmen, kündigte der Fraktionschef der „Diener des Volkes“ Arachamia gegenüber Interfax an.

Mit Ionuschas, ehemaliger Rechtsanwalt von Wolodimir Selenskis Kabarettgruppe „Quartal 95“ und derzeit Abgeordneter der „Diener des Volkes“, dürfte es weniger Loyalitätskonflikte geben.

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