Corona-Krisenmanagement: Berlin sperrt sich noch

Ausgangssperre? Kein Allheilmittel gegen die Corona-Ausbreitung, erklärt der Regierende. Sozialsenatorin will die Obdachlosen von der Straße holen.

Jetzt auch viren-dicht: Spielplatz im Volkspark Wilmersdorf Foto: dpa

In der Debatte über eine mögliche Ausgangssperre auch in Berlin hat der Regierenden Bürgermeister Zurückhaltung angemahnt – in doppeltem Sinn. Die Ausgangssperre sei kein „Allheilmittel“, um die Ausbreitung der Coronaviren einzudämmen, sagte Michael Müller (SPD) am Freitag im rbb. Allerdings könne er nicht versprechen, dass die bisherigen Schritte ausreichten. „Ich appelliere immer noch sehr an die Vernunft jedes Einzelnen, jetzt mitzuhelfen.“

Viele hätten begriffen, dass es jetzt darum gehe, Kontakte so weit wie möglich zu vermeiden, so Müller. Es gebe aber immer noch Menschen, „die eng zusammenstehen, feiern, die zu Coronapartys einladen“. Zugleich kündigte der Regierende an: „Wir werden härter durchgreifen.“ Auch über die Ordnungsämter müssten die Regelungen umgesetzt werden, aber kein Senat könne 3,7 Millionen Menschen kontrollieren.

Der CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner dagegen unterstrich, eine Ausgangssperre dürfe kein Tabu sein. Alles müsse getan werden, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen. „Wir müssen heute Freiheiten einschränken, um morgen Leben zu retten.“

Linken-Landeschefin Katina Schubert wies solche Forderungen klar zurück: „Jedes andere Mittel muss erst ausgeschöpft sein“, sagte sie am Freitag. „Wer jetzt laut danach schreit, will politisch Kapital daraus ziehen und den starken Mann spielen.“ Hinzu komme, dass eine vollständige Ausgangssperre nicht zu kontrollieren sei.

Schubert sprach sich dafür aus, dass Berlin unabhängig davon entscheiden sollte, wie andere Bundesländer mit dem Thema umgehen: „Die Situation in Berlin ist eine andere als im Schwarzwald, das ist nicht vergleichbar“, so die Linke-Vorsitzende in Anspielung auf die bereits verhängte Ausgangssperre in Freiburg.

Derweil kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine Ausgangssperre für sein Bundesland ab Freitagnacht an; das Saarland erwägt ähnliche Regelungen. Es ist fraglich, ob und wie lange sich Berlin einer Dynamik widersetzen kann, wenn weitere Länder folgen sollten.

Erster Toter in Berlin

Seit Freitag ist der nachweislich erste Corona-Tote Berlins zu beklagen: Ein 95 Jahre alter Mann mit schweren Grunderkrankungen sei gestorben, teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit mit.

Unterdessen plant Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) zusätzliche ganztägige Übernachtungsangebote für Obdachlose. Eine gewisse Anzahl von Notübernachtungen soll dafür nach Auslaufen der Kältehilfe Ende März zur Verfügung stehen. Deshalb werde bei einigen Unterkünften die Verlängerung von Mietverträgen geprüft.

Justiz- und Verbraucherschutz-Senator Dirk Behrendt (Grüne) fordert einen bundesweiten Schutzschirm für Mieter. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis viele Menschen wegen finanzieller Einbußen in der derzeitigen Situation ihre Miete nicht mehr zahlen könnten, sagte Behrendt. Es wäre fatal, wenn sie um ihre Wohnung fürchten müssten. Gebraucht werden aus seiner Sicht klare gesetzliche Regelungen, damit Mieter nicht auf die Kulanz von Vermietern angewiesen seien. Die Sitzungen von Bundestag und Bundesrat in der kommenden Woche sollten dafür genutzt werden, forderte der Grünen-Politiker.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.