Krieg in Syrien: Erfolg für Rebellen und Türkei

Die strategisch wichtige Stadt Sarakeb fällt wieder an syrische Rebellen – dank der Türkei. Das ist ein Rückschlag für Assads Idlib-Offensive.

Mehrere Soldaten sitzen auf einem Bürgersteig und ruhen sich aus

Syrische Rebellen, die von der Türkei unterstützt werden, am Donnerstag in Sarakeb Foto: Bakr Alkasem/afp

IDLIB/BERLIN dpa/afp/rtr/taz | Im Kampf um Syriens letzte große Rebellenhochburg in der Provinz Idlib haben Regierungsgegner mit türkischer Unterstützung einen strategisch wichtigen Ort zurückerobert. Oppositionelle Milizen hätten die Stadt Sarakeb unter Kontrolle gebracht, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstagmorgen. Die oppositionelle Syrische Nationalarmee bestätigte die Angaben. Türkische Artillerie habe die Regierungstruppen massiv beschossen und damit das Einrücken der Rebellen in die Stadt ermöglicht. Russlands staatliche Nachrichtenagentur dementierte, doch aktuelle Videos in sozialen Netzwerken belegen den Einmarsch.

Die Truppen von Syriens Machthaber Baschar al-Assad hatten Sarakeb Anfang Februar eingenommen. Mit der Rückeroberung unterbrachen die Rebellen jetzt erneut die zentrale Verkehrsachse zwischen Damaskus und Aleppo, deren vollständige Kontrolle durch das Regime ein Hauptziel der bisherigen Offensiven gegen die Rebellen in Idlib gewesen war. Die Regierungsoffensiven haben nach UN-Angaben fast eine Million Menschen in die Flucht getrieben, die humanitäre Situation der Bevölkerung ist dramatisch.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte zuletzt wiederholt mit einem großen Militäreinsatz gegen Syriens Armee ab Ende Februar gedroht, sollten sich die Assad-Truppen nicht auf ihre Positionen vor Beginn ihres Vormarsches zurückziehen. Die Türkei unterstützt in dem Konflikt die Rebellen und hat in der Region um die Stadt Idlib mehrere Beobachtungsposten. Erdoğan hat wiederholt erklärt, sein Land könne über die 3,6 Millionen bereits in der Türkei lebenden Flüchtlinge aus Syrien hinaus keine weiteren Menschen mehr aufnehmen.

Das russische Präsidialamt wies Erklärungen Erdoğans zurück, er könnte sich mit Russlands Staatschef Wladimir Putin am kommenden Mittwoch erneut treffen, um über die Lage in Idlib zu beraten. „Putin hat für den 5. März andere Pläne“, sagte Sprecher Dmitri Peskow. Erdoğan hatte am Samstag erklärt, er wolle am 5. März mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron über die Lage in Idlib sprechen. Russland unterstützt in Syrien die Regierung.

In den vergangenen Tagen waren die syrischen Regierungstruppen unter dem Schutz der russischen Luftwaffe weiter im Süden des Rebellengebietes Idlib vorgerückt. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen erklärte am Donnerstag außerdem, am Nachmittag und Abend des Dienstag seien Bomben und Granaten auf Gebiete in und um die Städte Idlib und Maarat Misrin gefallen, in denen sich sehr viele Vertriebene aufhielten. Mindestens zwei Schulen und zwei Kindergärten, die geflohene Familien beherbergten, seien getroffen worden. In drei von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Krankenhäusern berichteten Mediziner von 18 Toten, die zu ihnen gebracht wurden, und 185 Verletzten.

Am Mittwoch hatten 14 EU-Außenminister, darunter Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), an die syrische Regierung appelliert, ihre Offensive in zu beenden. Nötig sei die „unverzügliche Einstellung aller Kampfhandlungen“, heißt es in einem gemeinsamen Aufruf der Diplomaten. „Das syrische Regime setzt seine Strategie der militärischen Rückeroberung des Landes um jeden Preis fort, ungeachtet ihrer Konsequenzen für die syrische Zivilbevölkerung“, kritisierten die Diplomaten.

Kriegsverbrechen in Syrien dürften nicht straflos bleiben, so der Appell weiter. Die Minister kündigten an, sich dafür einzusetzen, konkrete Fälle, etwa den Einsatz von Chemiewaffen, vor den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag zu bringen. „Wir müssen die Verantwortlichen beim Namen nennen und zur Rechenschaft ziehen“, erklärten die Minister. Die humanitäre Situation in Syrien steht am Donnerstag auf dem Programm des UN-Sicherheitsrats.

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