Coronavirus in Berlin: Generalprobe im Ankunftszentrum

Neuerdings werden alle Asylsuchende in Berlin auf den Coronavirus getestet. Letzte Woche gab es den ersten „Abklärungsfall“.

Labortests sollen Klarheit bringen Foto: dpa

In Berlin werden seit letzter Woche alle Asylbewerber im Ankunftszentrum in Reinickendorf auf den neuen Coronavirus getestet, die neu aus Italien ankommen. Das sagt Karin Rietz, Sprecherin von Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke), der taz. „Derzeit wird geprüft, ob diese Maßnahme auf weitere Herkunfts- bzw. Transitländer ausgeweitet werden soll.“

Damit besteht laut der grünen Abgeordneten Bettina Jarasch bei Asylsuchenden eine höhere Sicherheit, das Virus frühzeitig zu erkennen, als bei Touristen, die aus Italien zurückkehren. Denn denen ist es selbst überlassen, ob sie sich testen lassen.

Letzten Mittwoch gab es einen ersten sogenannten Abklärungsfall bei einer geflüchteten Frau. „Das Testergebnis war negativ“, sagt Karin Rietz. Doch während der Test fast den ganzen Tag über lief, blieb das Ankunftszentrum vorsorglich geschlossen. Berlin war zudem am Mittwoch aus dem bundesweiten Verteilsystem für Asylbewerber ausgetreten. Das heißt, andere Bundesländer konnten am Mittwoch keine neu ankommenden Asylsuchenden nach Berlin umverteilen, und auch Berlin schickte am Mittwoch niemanden in andere Bundesländer.

„Das war eine Generalprobe, die gezeigt hat, dass noch einiges zu verbessern ist“, sagt Bettina Jarasch. „Es hat sich gezeigt, dass das Registrierzentrum zusätzliche Räumlichkeiten benötigt, um im Ernstfall Neuankömmlinge unterzubringen.“ Außerdem müsse die Kommunikation zwischen den verschiedenen Behörden verbessert werden. Ein Polizist hatte laut Jarasch von dritter Seite von dem Abklärungsfall erfahren. Die Information sei ungenau gewesen, sodass er sich geweigert habe, eine Frau zu vernehmen.

Doch wie sieht es mit Abschiebungen aus?

Im Kampf gegen das Coronavirus zahle es sich aus, dass Berlin alle Notunterkünfte für Flüchtlinge geschlossen hat, sagt Behördensprecherin Karin Rietz. Dort waren die sanitären Bedingungen katastrophal. „Spezielle Probleme hinsichtlich einer möglichen Ausbreitung des Coronavirus in Unterkünften für Geflüchtete“ stellten sich darum derzeit nicht.

Doch wie sieht es mit Abschiebungen in Länder aus, in denen das Coronavirus wütet? Für Italien zumindest hat die Regierung in Rom Fakten geschaffen. Sie nimmt bis Ende März keine Asylbewerber auf, die andere europäische Staaten dorthin zurückschieben will.

Nach Südkorea gab es seit Menschengedenken keine Abschiebungen aus Berlin. Nach China wurden 2018 und 2019 je eine Person aus Berlin abgeschoben. Derzeit dürften Abschiebungen nach China allerdings an einem praktischen Problem scheitern: Es gibt keine regulären Flugverbindungen. Darum sind sogar zahlreiche chinesische TouristInnen in Berlin gestrandet.

Ein Sprecher der Innenverwaltung teilte der taz mit, TouristInnen aus China, deren Visum abgelaufen ist, erhalten eine gebührenfreie Visumverlängerung für maximal 90 Tage wegen „höherer Gewalt“. Das gelte, „solange keine kontinuierlichen, sicheren Flugverbindungen nach China zur Verfügung stehen“.

Abschiebestopp wäre nicht nur wegen des Virus geboten

Richtig kompliziert wird es bei Abschiebungen in den vom Coronavirus betroffenen Iran. Die linke Abgeordnete Katina Schubert sowie Bettina Jarasch fordern einen bundesweiten Abschiebestopp dorthin, allerdings nicht nur wegen des Virus, sondern auch wegen der katastrophalen Menschenrechtslage. Jarasch sagt: „Der Iran ist ein hoch repressives System inklusive Todesstrafe. Besonders gefährdet sind Muslime, die ihren Glauben ablegen oder konvertieren, Homosexuelle und politische Oppositionelle.“

Bisher sind die Abschiebezahlen aus Berlin in den Iran laut offizieller Statistik gering. 2018 und 2019 betraf es jeweils drei Menschen sowie eine geringe zweistellige Zahl von Iranern, die in andere EU-Staaten zurückgeschickt wurde, 2020 noch niemanden. Das könnte sich nach Überzeugung der Deutschen Evangelischen Al­lianz aber ändern.

Deren Vertreter, Uwe Heimowski, sprach bereits letzten Sommer vor der Presse von einer „vierstelligen Zahl von abgelehnten Asylanträgen von christlichen Konvertiten aus dem Iran allein in Berlin und Brandenburg, die bald fünfstellig wird“. Sollten deren Klagen vor Verwaltungsgerichten scheitern, droht ihnen die Abschiebung.

Konservative Christen um den Bundestagsabgeordneten Volker Kauder (CDU) fordern ein Bleiberecht konvertierter Christen aus dem Iran in Deutschland, auch wenn der Asylantrag abgelehnt wurde. Für den Abfall vom muslimischen Glauben droht im Iran die Todesstrafe.

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