Hersteller von Corona-Labortests: „Wir haben wahnsinnig viel zu tun“

Als eines der ersten verkaufte ein Berliner Unternehmen Tests für das neue Coronavirus. Geschäftsführer Olfert Landt und sein Team liefern weltweit.

Eines der Test Kits für das neue Corona-Virus Foto: Kitty Kleist-Heinrich/Imago

taz: Herr Landt, es war gar nicht leicht, ein Interview mit Ihnen zu bekommen.

Olfert Landt: Wir haben im Moment wahnsinnig viel zu tun. Wir waren eine der ersten Firmen, die den Test für Sars-CoV-2 angeboten haben.

Wie kommt das?

Wir machen seit Jahrzehnten ganz viele Standard-Diagnostikprodukte, für Influenza, für Norovirus und Ähnliches. Jeder neue Virus ist für uns eine wissenschaftliche Herausforderung. Und da haben wir den Ehrgeiz, so schnell wie möglich mit einem Test am Markt zu sein.

Wie schnell waren Sie denn in diesem Fall?

gründete vor 30 Jahren die Firma TIB Molbiol Syntheselabor. Der Biochemiker, seine Frau und ein 30-köpfiges Team entwickeln und vertreiben Diagnostikprodukte.

Erste Kenntnis von den Problemen auf dem chinesischen Fischmarkt hatte ich in der ersten Januarwoche. Dann hat es ein paar Tage gedauert, bis die Gensequenz des Virus in einer speziellen Datenbank offengelegt wurde. Und dann haben wir drei Tage gebraucht, um auf Basis der Sequenzvorschläge der Charité ein Test-Kit zu entwickeln.

Das heißt, das Virus selbst brauchten Sie gar nicht?

Nein, das wird anhand der Gensequenz simuliert. Wir haben zusammen mit dem ­Biotechnologieunternehmen GenEx­press synthetische Gene hergestellt.

Wie sieht so ein Test-Kit aus, was verkaufen Sie den Kunden?

Zu jedem Labortest gehören Komponenten, die bei allen Tests gleich sind, und spezifische, also den jeweiligen Virus betreffende Komponenten. Und diese spezifischen Komponenten liefern wir in einem Kit. Das besteht aus zwei Röhrchen: Eines mit dem Nachweisreagenz und eines zur Positivkontrolle.

Wie viele Tests lassen sich mit so einem Kit machen?

96.

Und wie funktioniert das Ganze dann im Labor?

Zu jedem Virustest gehören drei Tests: einmal der eigentliche Nachweistest, bei dem der Abstrich des Patienten getestet wird. Dazu kommen die Negativkontrolle – da kann man im Prinzip Wasser nehmen – und die Positivkontrolle mit dem simulierten Virus. Nur so kann ich sicher sein, dass der Test überhaupt funktioniert hat.

Wer sind denn Ihre Kunden?

Es gibt nur rund ein Dutzend Anbieter des Tests. Deshalb bestellen bei uns Virologielabore aus aller Welt.

Woher wussten die denn, dass Sie den Test schon haben?

Wir haben den Ruf. Wir waren schon 2003 bei der Sars-Pandemie mit die Ersten, später auch bei der Geflügelpest und der Schweinegrippe. Direkt als wir den Test fertig hatten, haben wir Kits nach Hongkong und Taiwan geschickt, weil wir wussten, dass es da Fälle gibt.

Und wie viele der Tests verkaufen Sie inzwischen?

Das entwickelte sich wie eine Exponentialkurve. Am Anfang haben die Labore einzelne Kits bestellt – die kann man noch per Standardbrief verschicken. Inzwischen bestellen Labore 10, 20, 50 oder Händler gleich 1.000 Kits. Wir haben mehr als 3-mal so viel Arbeit wie sonst und produzieren täglich Kits für 150.000 Tests.

Wie groß ist Ihr Team?

Gute 30 Leute. Wir stellen auch neu ein, aber es geht für alle an die Grenzen. Wir haben schon bis nachts Röhrchen etikettiert.

Aber es ist auch ein großes Geschäft für Sie.

Der Umsatz steigt natürlich proportional zur Nachfrage. Aber wir haben auch schon zusätzliche Geräte gekauft, um die Kapazitäten zu erhöhen.

Sind Sie am Limit in Sachen Produktion?

Wir könnten auch 500.000 Tests am Tag produzieren. Der Flaschenhals ist die Verpackung. Das müssten wir notfalls auslagern. Und hätten wir nicht vor einem Monat große Vorräte eingekauft, hätten wir jetzt Probleme.

Was kostet denn ein Kit für den Coronavirus-Nachweis?

Unsere Test-Kits kosten im Prinzip alle gleich, egal ob für SARS-CoV-2 oder den Norovirus. Also um die 2,50 Euro.

Aber für so ein extrem nachgefragtes Produkt könnten Sie doch viel mehr verlangen …

Machen wir aber nicht. Das fände ich unethisch.

Können Sie gewährleisten, dass alle Länder, die Test-Kits brauchen, auch welche bekommen?Unsere große Sorge im Moment ist, dass sich das Risiko in Afrika ausbreitet, weil das Gesundheitssystem dort nicht im gleichen Maße vorbereitet ist. Gleichzeitig ist es nicht so leicht, dort schnell Test-Kits hinzuschicken. Als neulich das Pasteur-Institut ein Training für verschiedene afrikanische Länder in Dakar organisiert hat, haben wir auch gleich Test-Kits hingeschickt, damit die Teilnehmer sie direkt mit nach Hause nehmen können.

Haben Sie eigentlich noch Zeit, selbst über Vorsichtsmaßnahmen nachzudenken?Auch wenn das Individualrisiko für die allermeisten Menschen überschaubar ist, müssen wir verhindern, dass sich das Virus ausbreitet. Ich halte es deshalb für richtig, alle Veranstaltungen zu überdenken, bei denen viele Leute zusammenkommen, die sich nicht kennen. Ob es im Kino ist oder beim Fußballspiel.

Also schränken Sie sich auch entsprechend ein?Meine Frau und ich sind leidenschaftliche Operngänger, manchmal gehen wir dreimal in der Woche. Aber wir brauchen gar nicht darüber nachzudenken, ob wir das einstellen. Wir haben eh keine Zeit mehr dafür.

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