Beginn der Berlinale 2020: Film ab!

Später als gewohnt beginnen in diesem Jahr die 70. Filmfestspiele – mit neuen Chefs. Was hat sich sonst noch getan?

Blick auf ein Berlinaleplakat am Potsdamer Platz

Am Donnerstag geht's los: Die 70. Berlinale startet Foto: reuters

BERLIN taz | Der 70. Geburtstag kann eine seltsame Feier werden. Fegt die Jubilarin noch fit und agil durch die Gegend, ist alles bestens und es darf ruhig so weitergehen bis zum berühmten 90. – „the same procedure as every year“. Wirkt sie hingegen schon etwas klapprig, wird mehr oder weniger offen die Frage nach ihrer nahen Zukunft gestellt.

Die Internationalen Filmfestspiele Berlin, die am kommenden Donnerstag eröffnet werden und zehn Tage dauern, werden dieses Jahr 70 – die ersten fanden 1951 entlang des Ku'damms statt. Die Berlinale gibt sich nun das Image eines klassischen Best Agers: Auch in diesem Alter darf sich noch mal was verändern.

Allen voran gilt das für die Leitung. Nach 20 Jahren ist die Ära des obersten Berlinale-Bären Dieter Kosslick samt seinen Schwabenkalauern vorbei. Nun kümmert sich ein Duo um die Bilder auf der Leinwand und alles drumherum: Mariette Rissenbeek ist Geschäftsführerin, Carlo Chatrian künsterischer Leiter.

Sie haben viele weitere Top-Positionen in den verschiedenen Reihen neu besetzt. Man darf also gespannt sein, wie sich das auf die Auswahl und die Qualität der Filme auswirkt. Denn die hat ja, wie immer, noch keiner gesehen. Jede Berlinale ist und bleibt eine riesige Überraschungstüte.

The same procedure gilt auch für die Tickets: Die gibt es, wie zuletzt auch, für die Mehrzahl der Filme immer drei Tage im Voraus online und an den Vorverkaufskassen in den Potsdamer Platz Arkaden, im Kino International und beim Sponsor in der Audi City Berlin. Wichtig: Der Verkauf beginnt Punkt 10 Uhr; die besonders begehrten Wettbewerbsfilme sind bereits unmittelbar danach online ausverkauft.

In diesem Jahr konkurrieren 18 Filme um die Auszeichnungen, darunter auch zwei deutsche Filme

Sicher finden sich deswegen auch wieder Menschen, die vor den Ticketschaltern übernachten. Bilder, wie die Berlinale-MacherInnen sie gerne sehen. Schließlich ist das neben Cannes und Venedig wichtigste Filmfestival auch eines fürs Publikum – und da schaut es natürlich gut aus, wenn der Andrang auf die Tickets da ist.

In den Arkaden am Potsdamer Platz wird das Anstehen diesmal eine besonders triste Angelegenheit. Denn die einstige Vorzeigemall hat unter der Konkurrenz arg gelitten und wird seit einigen Wochen komplett umgebaut. Fast alle Läden und Imbisse sind geschlossen. Die Berlinale stellt dort trotzdem ihre Häuschen auf und verkauft Karten und Werbeprodukte – von der Tasche bis zur Tasse.

Zwei Menschen stehen in einem Flur

Schluss mit Schal und Hut: Die neuen Chefs der Berlinale Foto: dpa

Zur allgemeinen Ödnis des Retortenplatzes passt, dass auch im zweiten Großkino dort – das Cinestar im Sony-Center mit insgesamt rund 2.500 Plätzen – zum Ende vergangenen Jahres die Sitze abgebaut wurden. Ersatz fand die Berlinale unter anderem im Cubix am Alexanderplatz. Aber die Filmfans müssen wohl noch ein bisschen mehr durch die Stadt touren zu den unterschiedlichen Aufführungsorten als früher.

Ein bisschen kleiner als zuletzt fällt in diesem Jahr die Reihe Berlinale goes Kiez aus, bei der Off-Kinos in der Stadt für einen Tag mit Berlinale-Filmen bespielt werden. Immerhin: Mit den Neuen Kammerspielen in Kleinmachnow und dem Thalia in Potsdam sind auch zwei Lichtspielhäusers jenseits der Landesgrenze dabei, und einmal geht es sogar in den Knast Plötzensee.

Der spätere Start ist gut für's Klima auf dem Roten Teppich

Anders in diesem Jahr ist auch der Zeitpunkt der Festspiele. Weil die Oscar-Verleihung bereits so früh angesetzt war – inzwischen sind die Jungs alle vergeben – rutschte die Berlinale auf den Termin Ende Februar. Fürs Klima auf dem Roten-Teppich, der bisweilen in dichtes Schneetreiben gehüllt war, ist das sicher von Vorteil.

Und auch für den Starauflauf, ein zumindest für den Glamourfaktor wichtiger Punkt: Erwartet werden Johnny Depp, Hillary Clinton – über die eine mehr als vierstündige Dokumentation im Programm läuft – sowie Javier Bardem, Elle Fanning und Salma Hayek. Auf der Gästeliste stehen zudem Helen Mirren – die den Goldenen Ehrenbären bekommt –, Cate Blanchett, Roberto Benigni und Willem Dafoe. Dazu Jeremy Irons, der Präsident der Jury ist, und jeden Tag über den Roten Teppich laufen wird.

Und was ist mit den Filmen? Insgesamt 340 werden zu sehen sein, wobei da auch Kurzfilme mit eingerechnet sind. Geblieben ist die Struktur mit vielen verschiedenen Reihen. Besonders im Blickpunkt ist der Wettbewerb, in dem es um die Goldenen und Silbernen Bären geht. Unter Kosslick war diese eigentlich renommierteste Sektion zuletzt als zu wenig innovativ und langweilig kritisiert worden.

In diesem Jahr konkurrieren 18 Filme um die Auszeichnungen, darunter auch zwei deutsche Filme: Christian Petzold mit „Undine“ und Burhan Qurbanis Neuverfilmung von „Berlin Alexanderplatz“. Für sie muss man sich eigentlich nicht um Karten bemühen: Die Filme werden sowieso in Kürze im Kino anlaufen, wie viele weitere Werke. Anders ist das oft bei kleineren Produktionen und Werken aus Ländern, die filmisch noch zu entdecken sind: Sie kann man nur hier, auf dem Festival sehen. Ob sie das wert sind, muss jede/r selbst bewerten: Jede/r darf auch mal KritikerIn spielen.

Im Editorial zum Festival-Programm stellt der neue Leiter Carlo Chatrian die Frage: „Was ist Kino?“ In zwei Wochen wird man wissen, ob die Berlinale darauf eine Antwort geliefert hat.

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