Neue Strategie vorgestellt: Europa träumt digital

Die EU will künstliche Intelligenz fördern und die Menschen vor ihren Auswirkungen schützen. Beides gleichzeitig ist aber schwer machbar.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit VR-Brille.

Wo ist hier die Intelligenz? Ursula von der Leyen testet an der Universität Brüssel eine Datenbrille Foto: Stephanie Lecocq/reuters

Die Europäische Union will die Nutzung von Zukunftstechniken vorantreiben. Eine neue Strategie soll die EU „zu einem globalen Vorbild für die digitale Wirtschaft“ machen. Brüssel will dafür die Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) und von vernetzten Daten fördern. „Wir sind überzeugt, dass der digitale Wandel unsere Volkswirtschaften voranbringen und uns helfen kann, europäische Lösungen für globale Herausforderungen zu finden“, erklärte EU-Kommis­sionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. Zugleich sollen die Rechte der Bürger im Hinblick auf den Datenschutz gewahrt bleiben. Von der Leyen will mit dem neuen Paket vor allem den Technikvorreitern USA und China etwas entgegensetzen.

Die Kommissionspräsidentin setzt ehrgeizige Ziele – und packt ein wichtiges Thema an. Im internationalen Vergleich fällt die EU trotz aller Fortschritte zurück: Die großen Datenfirmen wie Google sind in den USA beheimatet, während in China die Digitalisierung im Alltag schon viel weiter fortgeschritten ist. „Europa steht am Scheideweg“, kommentiert Achim Berg, der Präsident des Branchenverbands Bitkom. Die EU-Kommission beschreite einen richtigen Weg, indem sie die Möglichkeiten der KI in den Mittelpunkt rücke.

Dennoch bestehe weiterhin die Gefahr, dass Europa „auf die Bremse steigt“ und sich von den globalen Entwicklungen abkoppele. Denn das neue EU-Paket enthält neben der Förderung der neuen Technik auch starke Elemente des Schutzes des Bürgers vor seinen Auswirkungen. Bitkom-Präsident Berg befürchtet, dass die Regulierungen und Beschränkungen in der Praxis überwiegen könnten, sodass Europa nicht aufholt, sondern weiter zurückfällt. Es sei ein „protektionistischer Holzweg“, Verfahren pauschal zu verbieten, für die nicht sämtliche Daten entsprechend europäischen Werten erhoben wurden. Es weiß schließlich keiner so genau, was damit konkret gemeint ist. Das schafft Rechtsunsicherheit. In der Branche halten sich die Hoffnungen auf einen durchschlagenden Erfolg des EU-Konzepts denn auch in Grenzen.

Ohnehin handelt es sich nicht um die erste Strategie ihrer Art. Schon 2014 hatte die Kommission mit viel Pomp ein Digitalisierungsprogramm verabschiedet. Es war auf fünf Jahre angelegt. Die Bilanz im vergangenen Jahr fiel jedoch mau aus: Der damalige Digitalkommissar Günther Oettinger hatte einen Etat von 5 Milliarden Euro organisiert – ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich zu den Summen, die sich in China und den USA bewegen.

Aus dem Digital Economy and Society Index (Desi) der EU ließ sich jedenfalls zum Ende des Projekts ablesen, dass nur wenig erreicht wurde. Der direkte Informationsaustausch von Firmen untereinander ist seit 2016 nur von 34 Prozent auf 36 Prozent gestiegen. Die Zahl der Onlinehändler, die grenzüberschreitend anbieten, hat im gleichen Zeitraum nur um einen halben Prozentpunkt zugelegt.

Dabei ist der große gemeinsame Markt eigentlich die besondere Stärke Europas – und genau die Eigenschaft, bei der Gemeinsamkeiten mit den führenden Ländern China und USA bestehen. Nur: Europas Digitalunternehmen gelingt es bislang nicht, die Möglichkeiten des gemeinsamen Binnenmarktes auszuschöpfen, die Sprach- und Ländergrenzen können nicht effektiv überwunden werden.

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