Antimuslimischer Rassismus: Mehr Gewalt gegen Muslime

2019 wurden 184-mal muslimische Einrichtungen und Repräsentanten angegriffen. Die Linke fordert ein stärkeres Vorgehen gegen Islamfeindlichkeit.

Eine Muslimin arbeitet in einer Werkstatt

Gerade muslimische Frauen, die Kopftuch tragen, sind besonders bedroht Foto: Michael Gottschalk/imago

BERLIN taz | Jeden zweiten Tag wurde in Deutschland 2019 eine Moschee, eine muslimische Einrichtung oder ein religiöser Repräsentant islamfeindlich angegriffen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der Linksfraktion zum Thema antimuslimischer Rassismus hervor, die der taz vorliegt.

„Das ist rechter Terror, dem entschieden entgegengetreten werden muss“, erklärt die Linken-Bundestagsabgeordnete Christine Buchholz. „Die Gefährdung von Personen, Moscheen und anderen muslimischen Einrichtungen ist nicht hinzunehmen.“

Die Zahl ergibt sich aus einem vom Bundesinnenministerium entwickelten neuen „Angriffszielkatalog“. Dieser weist seit Januar 2019 eine bestimmte Teilgruppe islamfeindlicher Angriffe aus, nämlich jene auf Begegnungsstätten, Kulturvereine, Friedhöfe, Moscheen, Religionsgemeinschaften, religiöse Einrichtungen, Repräsentanten, Symbole oder sonstige Religionsstätten. Der Katalog umfasst somit nur eine Teilmenge der islamfeindlichen Straftaten insgesamt, aber mehr als bloß die Zahl der Angriffe auf Moscheen.

Demnach gab es 2019 insgesamt 184 islamfeindliche Angriffe dieser Art. Darunter sind 64 Fälle von Volksverhetzung, aber auch zahlreiche Fälle von Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen, Beleidigung und Sachbeschädigung. Auch Bedrohungen sowie Körperverletzungen sind aufgelistet. Durch Nachmeldungen könnte die Zahl noch steigen.

„Konstantes Aktionsfeld der rechten Szene“

Islamfeindliche Straftaten werden erst seit 2017 gesondert erfasst. Wie viele es im Jahr 2019 insgesamt waren, dazu liegen noch keine Zahlen vor. Im Jahr 2018 waren es 910, darunter allein 48 Angriffe auf Moscheen, 2017 waren es sogar 1.095 Straftaten. Mehr als 90 Prozent dieser Taten werden der politisch motivierten Kriminalität von rechts zugeordnet.

„Musliminnen, Muslime sowie religiöse Einrichtungen in Deutschland sind von politisch motivierten Straftaten betroffen“, konstatiert die Bundesregierung in der Antwort auf die Große Anfrage. Das Thema Islamfeindlichkeit bilde neben dem Thema Zuwanderung „ein konstantes Aktionsfeld der rechten Szene“.

Was auffällt: Obwohl die Zahl der antimuslimischen Straftaten insgesamt abnimmt, steigt die Zahl der Gewaltverbrechen. Für 2017 melden die Behörden 56 islamfeindliche Gewaltdelikte mit insgesamt 38 Verletzten. 2018 waren es dann schon 74 Delikte mit insgesamt 52 Verletzten. Darunter sind sogar zwei versuchte Tötungsdelikte.

Neben Straftaten geht es in der Großen Anfrage auch um Diskriminierung von Muslim*innen, etwa auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Wohnungssuche. 719 Menschen haben sich seit 2006 an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewandt, weil sie sich aufgrund ihrer muslimischen Religion benachteiligt fühlten. Frauen machten fast 80 Prozent der Ratsuchenden aus.

Frauen besonders bedroht

Gerade muslimische Frauen, die Kopftuch tragen, sind besonders bedroht. So berichtet die Antidiskriminierungsstelle, dass 76 Prozent der Beschwerden wegen verbaler und körperlicher Gewaltdiskriminierung im Bereich „Öffentlichkeit und Freizeit“ von Frauen kamen.

„Islamfeindliche Gewalt und Diskriminierung sind ein alltägliches Problem in Deutschland“, sagt Christine Buchholz. „Endlich beginnt auch die Bundesregierung das zu erkennen.“ Aber was sie tue, komme „zu spät“ und sei „zu wenig“, kritisiert die Linke. Notwendig sei eine „Ächtung von Islamfeindlichkeit und antimuslimischem Rassismus“, auch durch die Bundesregierung und den Bundestag. Es brauche „Signale der Solidarität und Unterstützung“, so Buchholz.

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