Linke Politikerin über Combat-18-Verbot: „Das Verbot kommt zu spät“

Combat 18 hätte schon vor 20 Jahren verboten werden müssen, meint Martina Renner, Innenpolitikerin der Linken. Und natürlich ohne Ankündigung.

Waffen, eine rot-weiße Flagge, Schrift Combat18 und ein Totenkopf

Sichergestellte Waffen werden bei einer Pressekonferenz 2003 in Kiel gezeigt Foto: Heribert Proepper/ap

taz: Frau Renner, der Bundesinnenminister hat heute die Neonazi-Organisation Combat 18 verboten. Wie bewerten Sie das?

Martina Renner: Das Verbot ist richtig, aber es kommt zu spät. Combat 18 hätte schon 2000 gemeinsam mit Blood & Honour verboten werden müssen, spätestens nach dem Mord an Walter Lübcke. Recherchen haben ja darauf hingewiesen, welch enge Verbindung es von der Kasseler Neonaziszene zu Combat 18 gibt.

Warum ist das nicht passiert?

Wir wissen aus den Informationen, die rund um das Verbot von Blood & Honour zur Verfügung stehen, dass damals mit dem Verbot eine ganze Reihe von V-Leuten der Verfassungsschutzbehörden betroffen waren. Der Deutschland-Chef von Blood & Honour war Quelle, der Kassenwart auch. Und möglicherweise haben die Sicherheitsbehörden bei dem Verbot jetzt auf Zeit gespielt, um Quellen in Sicherheit zu bringen und Belege über die Quellen zu beseitigen.

Seehofer hat ja bereits vor Monaten angekündigt, es werde Verbote geben – jeder dachte sofort an Combat 18.

Eine solche Ankündigung ist natürlich verfehlt, wenn man effektive Schläge gegen die militante Neonaziszene durchführen will. Es gibt den Akteuren die Möglichkeit, Waffen, Belege über Transaktionen, Handys verschwinden zu lassen oder Kommunikation zu löschen. Solche Verbote sind dann effektiv, wenn sie überraschend erfolgen und wenn sie von Strafverfolgungmaßnahmen begleitet werden.

52, ist stellvertretende Vorsitzende der Linken und sitzt im Bundestag. Dort ist die Innenpolitikerin Sprecherin ihrer Fraktion für antifaschistische Politik und Obfrau im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf dem Breitscheidplatz.

Wenn Delikte, die im Raum stehen, wie Rechtsterrorismus, Verstöße gegen das Waffengesetz, Schießtrainings, Verabredung zu Straftaten – wenn solche Delikte mit in den Fokus genommen werden. Ein reines Verbot, das wissen wir auch von Blood & Honour, bringt nichts. Die Strukturen reorganisieren sich. Das nicht konsequente Vorgehen gegen die Neustrukturierung von Blood & Honour ist ein Ursprung der Unterstützerstruktur des NSU.

Combat 18 hat nach Angaben aus Sicherheitskreisen etwa 20 Mitglieder. Warum sind die so gefährlich?

Combat 18 ist eine europaweite Vernetzung von Rechtsterror-Organisationen mit Zugang zu Waffen, mit Training an Schnellfeuergewehren, mit durchgeführten Anschlägen im europäischen Ausland und Bezügen zum NSU-Komplex. Da wären schon fünf Leute höchst gefährlich. Aber ich gehe davon aus, dass die Anzahl der Mitglieder größer als 20 ist, ich würde von einer mindestens doppelt so hohen Zahl von engen Aktivisten und Führungspersonen ausgehen. Interessant ist auch, ob Thorsten Heise, eine Schlüsselfigur des militanten Neonazismus, heute auch im Fokus der Durchsuchungen stand.

Heise ist im Bundesvorstand der NPD und ein Bekannter von AfD-Rechtsaußen Björn Höcke. Welchen Zusammenhang gibt es zu Combat 18?

Heise gilt mit guten Gründen als Spiritus Rector von Combat 18, er tritt immer wieder in diesen Zusammenhängen auf, zum Beispiel bei Veranstaltungen der Schweizer C18-Sektion. Er unterhält außerdem Beziehungen zu zentralen Personen von Combat 18. Neben Kevin G. aus der Schweiz ist das zum Beispiel der C18-Kader William Browning, mit dem Heise eine langjährige Beziehung verbindet. Zuletzt waren beide auf einem Aufmarsch 2016 in Dortmund zusammen zu sehen.

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