Neue SPD-Landesspitze: Der Mann an ihrer Seite

Raed Saleh soll an der Seite von Franziska Giffey erster arabisch-stämmiger SPD-Chef werden. Sie zu integrieren, wird seine Aufgabe sein.

Auf dem Weg nach oben: Raed Saleh Foto: dpa

Der wievielte Versuch Raed Salehs, in der Berliner SPD zur Führungsfigur zu werden, ist dies nun? Das ist nicht ganz einfach zu sagen – was genau das Problem Salehs umschreibt.

Zusammen mit Franziska Giffey soll der 42-Jährige ab Mai die angeschlagene Berliner SPD aus dem Meinungstief holen. Am Mittwoch haben Giffey, er und der Noch-Parteichef Michael Müller das verkündet, der Deal ist Teil der Ablösung Müllers auch als Regierender Bürgermeister. So weit der Plan. Mal sehen, ob die Basis auf dem Parteitag am 16. Mai mitspielt.

Saleh hatte schon einmal mit Müller um einen Spitzenposten gerungen. 2014, nach dem Rücktritt von Klaus Wowereit als Regierendem Bürgermeister, waren die beiden und Jan Stöß die Kandidaten für eine parteiinterne Urwahl des Nachfolgers. Saleh verlor so deutlich, wie Müller gewann; er landete noch hinter dem mittlerweile längst vergessenen Stöß auf dem dritten Platz. Müller war damals Stadtentwicklungssenator, Saleh Frak­tionschef im Abgeordnetenhaus.

Das blieb er auch und gefiel sich fortan in seinem stets uneindeutigen Verhältnissen zum Sieger der Urwahl. Immer wieder lancierte er Forderungen in der Presse, warf Müller mehr oder weniger direkt taktisches Versagen vor, und wenn man ihn fragte, lächelte er dazu viel- und doch nichtssagend. Einmal nährte er dadurch lange Spekulationen, er werde als Gegenkandidat bei der geplanten Wiederwahl Müllers als Parteichef antreten. Saleh gab den Machtpolitiker, den Strippenzieher, ziemlich öffentlich. Und tauchte stets ab, wenn es mal richtig brenzlig wurde.

Saleh tauchte stets ab, wenn es mal richtig brenzlig wurde.

Damit hat er sich auch viele Gegner geschaffen. Ende 2017 wurde ein Brief publik, in dem knapp die Hälfte der Fraktion von ihm mehr Präsenz und Einsatz für sie forderte. Fortan rissen die Spekulationen nicht ab, Saleh habe den Zenit seiner Karriere in der Berliner SPD überschritten; seine Sticheleien nervten viele nur noch.

In der Personalrochade Müller/Giffey/Saleh ist Letzterer deswegen der Posten, der am meisten überrascht. Und prompt wird darüber spekuliert, ob der Fraktionschef überhaupt genug Unterstützung auf dem Parteitag erhalten wird. Den Berliner Sozialdemokraten ist in Sachen Selbstzerstörung bekanntlich vieles zuzutrauen. Dass sie Giffey demontieren, gilt aber doch als unwahrscheinlich. Bricht sich der aufgestaute Zorn über den nicht gerade demokratischen Deal dann bei der Abstimmung über Saleh Bahn?

Jenseits aller Machtspielchen wäre Salehs Kür allerdings ein ur-sozialdemokratisches Zeichen für erfolgreiche Integration: Mit ihm würde erstmals ein arabischstämmiger Mensch einen Landesverband der SPD führen. Und Integration wäre sicherlich auch eine Kernkompetenz des Duos Saleh/Giffey. Beide sind in dieser Hinsicht Schüler von Heinz Buschkowsky, dem populistischen Ex-Bürgermeister von Neukölln. Sein Ansatz des Förderns und Forderns ist auch ihrer: Der Staat muss Angebote machen; aber die Menschen müssen diese auch wertschätzen. Anders als Buschkowsky und auch als Giffey betont Saleh gerne das Label „links“. Und tatsächlich war er es, der viele finanzielle Erleichterungen vor allem in der Bildungspolitik durchgesetzt hat.

Saleh dürfte auch die Aufgabe zukommen, Giffey – die bisher wenig in Berlin präsent war – in den Landesverband zu integrieren. Mal sehen, ob das klappt.

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Jahrgang 1974, war bis Juni 2023 Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.

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